KKW Beznau 1: Abfahren einer von zwei Turbogruppen infolge einer Leckage

Betroffenes Werk / Titel

KKW Beznau 1: Abfahren der Turbogruppe 12 infolge einer Leckage

Datum / Zeit

16. Juni 2023 / 16:20 Uhr

Sachverhalt

Während eines Anlagenrundgangs wurde im Kernkraftwerk Beznau 1 (KKB 1) am 9. Juni 2023 im nicht-nuklearen Teil eine Tropfleckage an einem Gelenkkompensator an einer Speisewasserleitung festgestellt. Ein Gelenkkompensator dient unter anderem zur Kompensation von thermischen Längenänderungen. In den darauffolgenden Tagen verdoppelte sich die Leckagemenge. Das KKB 1 entschied sicherheitsgerichtet, am 16. Juni 2023 die betroffene Turbogruppe des Kernkraftwerkes abzufahren, um den Gelenkkompensator an der Speisewasserleitung reparieren zu können. In der Folge wurde die Reaktorleistung auf 50 Prozent reduziert. Während der Reparaturarbeiten war eine von zwei Pumpen des Hilfsspeisewassersystems ungefähr eine Woche lang nicht verfügbar. Nach Abschluss der Reparaturarbeiten nahm das KKB 1 die Turbogruppe am 3. Juli 2023 wieder in Betrieb.

Einstufung (nach Richtlinie ENSI-B03)

INES: 0

Massnahmen des Betreibers

Das KKB 1 beurteilte den Kompensator mit dem Ergebnis, dass die Funktionstüchtigkeit gewährleistet sei, und entschied, die anfallende Leckage zu überwachen. Nachdem am 16. Juni 2023 eine Zunahme der Leckagemenge festgestellt wurde, entschied das KKB 1 sicherheitsgerichtet, die Turbogruppe 12 abzufahren und den betroffenen Gelenkkompensator zu reparieren.

Massnahmen des ENSI

Das ENSI fordert eine Schadensanalyse des betroffenen Gelenkkompensators und eine Beurteilung des Betreibers zur Schadensursache.

Beurteilung durch das ENSI

Das KKB 1 erkannte aufgrund des Abfahrens einer Turbogruppe eine Meldepflicht gemäss Kap. 5.3 der Richtlinie ENSI-B03 und veranlasste eine Erstmeldung am 16. Juni 2023 an das ENSI. Da dem ENSI für gemeldete Ereignisse mit nur öffentlichem Interesse weder ein Ereignisbericht noch ein Folgemassnahmenbericht eingereicht werden muss, forderte das ENSI aufgrund des Kriteriums der ungeplanten Reduktion der Reaktorleistung um mehr als zehn Prozent (Kap. 5.1.1.3 Bst. d der Richtlinie ENSI B03) eine Neubewertung des Vorkommnisses bis Ende Oktober 2023. Das KKB 1 kam der Forderung nach.

Die Leckage trat im nicht-nuklearen Bereich des KKB 1 auf. Durch die Ausserbetriebnahme der Turbogruppe 12 und die vorgenommene Leistungsreduktion auf 50 Prozent waren weder Barrieren noch Schutzziele beeinträchtigt. Die sicherheitstechnische Bedeutung des Ereignisses stuft das ENSI als gering ein.

Die Reparatur der Leckage ging einher mit einer circa einwöchigen Nichtverfügbarkeit von einer der beiden Hilfsspeisewasserpumpen, was wiederum eine bedingte Kernschadenswahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zur Folge hatte. Mit Berücksichtigung der Freischaltung der Pumpe des Hilfsspeisewassersystems verbleibt die INES-Einstufung des Vorkommnisses bei INES 0.

Kriterium für die Aufschaltung auf der ENSI-Website

  • Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt

Das ENSI informiert die Öffentlichkeit in seinem jährlichen Aufsichtsbericht über sämtliche meldepflichtigen Vorkommnisse im Bereich der nuklearen Sicherheit. Über Vorkommnisse, die eines der folgenden Kriterien erfüllen, informiert das ENSI auf der Website laufend:

  • INES-Stufe 1 oder höher,
  • Auslösen von Sicherheitssystemen,
  • Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt,
  • Inkorporation radioaktiver Stoffe mit einer Folgedosis von mehr als 1 mSv.