Technisches Forum Entsorgungsnachweis

Frage 61: Erdbebengefährdung im Standortgebiet Zürich-Nordost

Die geschichtliche Überlieferung von Erdbeben reicht über etwa 1000 Jahre zurück. Wie soll vorgegangen werden, um Erdbebenstärken und deren Auswirkungen auf ein Endlager für mehr als eine Million Jahre vorauszusehen, also für einen tausendfach längeren Zeitraum?

Thema , Bereich
Eingegangen am 23. Dezember 2005 Fragende Instanz Klar! Schweiz
Status beantwortet
Beantwortet am 23. Dezember 2005 Beantwortet von

Beantwortet von ENSI

Mit dieser Frage hat sich in den vergangenen Jahren der Schweizerische Erdbebendienst (SED) der ETH Zürich intensiv auseinandergesetzt. Die Ergebnisse dieses Forschungsprogrammes wurden im ETH-Bericht „Seismic Hazard Assessment of Switzerland, 2004“ publiziert (Der aktuelle Gefährdungsbericht vom Schweizerischer Erdbebendienst).

Die Einschätzung der Erdbebengefährdung stützt sich neu nicht nur auf historisch belegte oder bis heute instrumentell registrierte Erdbeben ab, sondern der Katalog an Starkbeben wurde anhand einer umfangreichen Paläoseismikstudie bis ins Spätpleistozän (d.h. bis ca. 10’000 Jahre) zurück verfolgt. Zu diesem Zweck wurden paläoseismologische Arbeitsmethoden auf vier verschiedene geologische Archive angewendet: aktive Bruchzonen, Seeablagerungen, Felssturzmassen sowie Stalaktiten in Höhlen.

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden zum Teil im Rahmen von ETH-Dissertationen oder in Fachzeitschriften publiziert*. Die paläoseismische Studie wurde von der HSK massgeblich mitfinanziert, es liegt dazu ein Abschlussbericht der ETH zuhanden der HSK vor („PALEOSEIS: Reconstructing the paleoseismological record in Northern Switzerland“ Final Report of ETHZ to HSK, 30. 06.2002).

Mit dem gewonnenen Datensatz und zweier verschiedener seismotektonischer Modelle hat der SED mittels probabilistischer Analysen synthetische Erdbebenkataloge für den Zeitraum bis zu einer Million Jahre berechnet. In den neuen Gefährdungskarten des SED werden für verschiedene Frequenzspektren die zu erwartenden Bodenbeschleunigungen für Erdbeben-Wiederholungsperioden von 100, 475, 2500 und 10’000 Jahren aufgezeigt.

In ihrem Gutachten zum Entsorgungsnachweis geht die HSK ausführlich auf die Frage der möglichen Auswirkungen von Erdbeben auf das Endlager ein (siehe Kapitel 2.5.5 Neotektonik und Erdbeben, Seiten 70-76). Sicherheitsfragen bezüglich Erdbeben wurde auch im technischen Forum ausführlich diskutiert (siehe Antwort zur Frage 36 d).

* http://www.seismo.ethz.ch/research/pub/