Technisches Forum Entsorgungsnachweis

Frage 11: Hydraulische Durchlässigkeit von Opalinuston

Für die als Endlager vorgesehene Wirtformation Opalinuston wurde mittels Packertests eine geringe hydraulische Durchlässigkeit von rund 10-12 bis 10-14 m/s ermittelt (NTB 00-01, Tabelle 7.4a). Inwieweit ist die Annahme richtig, dass die derart geringen Durchlässigkeiten, für eine Ausbreitung von Schadstoffen, resp. Radionukliden – verglichen mit den auf Diffusions-, Absorptions- und Dispersionsprozessen basierenden „Transporten“ – quasi unbedeutend sind?

Thema , , Bereich
Eingegangen am 23. Dezember 2005 Fragende Instanz Vertreter des Kantons Thurgau
Status beantwortet
Beantwortet am 23. Dezember 2005 Beantwortet von ,

Beantwortet von Nagra

Ein Kriterium zur Beurteilung des Transportprozesses ist die Peclet-Zahl Pe (NTB 02-03, S.382). Für Werte von Pe < 1 ist der Transportprozess im wesentlichen diffusionsdominiert, für Werte von Pe > 10 prägen Advektion und hydrodynamische Dispersion die Stoffausbreitung. Die Peclet-Zahl wurde anhand der hydrodynamischen Modellrechnungen für eine Transportpfadlänge von 40 m abgeschätzt (S. 417). Sie liegt zwischen 0.3 und 2.5, d.h. in einem Transportregime, in dem Diffusion und Advektion zum Stofftransport beitragen.

Ein unabhängiger wichtiger Hinweis auf die untergeordnete Rolle der Advektion sind die natürlichen Tracerprofile, welche zeigen, dass Diffusion über geologische Zeiträume hinweg der dominierende Transportprozess gewesen ist (NTB 02-03, Kap. 4.7 und der dort zitierte detailliertere Referenzbericht Gimmi & Waber 2003). In der Transportmodellierung der Sicherheitsanalyse (Referenzfall) werden beide Prozesse (Diffusion und Advektion) berücksichtigt.

Beantwortet von ENSI

Relative Bedeutung der Diffusion als Migrationsursache im Opalinuston Es wird nach der relativen Bedeutung der Advektion für den Transport von Radionukliden in Tongesteinen mit Durchlässigkeiten im Bereich 10-14 – 10-12 m/s, im Vergleich mit der Diffusion, gefragt.

Bei Grundwasserbewegungen hängt die Advektion normalerweise linear vom hydraulischem Gradienten* ab (Darcy-Gesetz). Bei sehr dichten Tongesteinen sind Anzeichen von Abweichungen von dieser Gesetzmässigkeit bekannt, in gewissen Forschungsarbeiten wird auf Schwellenwerte des hydraulischen Gradienten geschlossen, derart dass bei einem kleineren Gradienten die Advektion stark eingeschränkt ist. Die Sachlage ist aber noch nicht geklärt, insbesondere auch nicht, bei welchen (kleinen) Durchlässigkeitswerten und Gradienten mit welchen Abweichungen von Darcy-Gesetz zu rechnen wäre.

Vorsichtshalber rechnet die Nagra deshalb im Entsorgungsnachweis mit der uneingeschränkten Gültigkeit des Darcy-Gesetzes bei den Durchlässigkeitswerten und Druckunterschieden, die im Wirtgestein vorkommen. Dadurch wird die Freisetzung der Radionuklide eher überschätzt. Unter dieser Annahme der Nagra spielen die advektiven Vorgänge auch bei den Verhältnissen, die im Opalinuston herrschen, durchaus eine Rolle.

Die Nagra hat im Sicherheitbericht NTB 02-05 einen Rechenfall beschrieben, wo sie die Advektion auf Null gesetzt hat (NTB 02-05, Seite 304). Die maximal errechnete Dosis durch die Freisetzung der Radionuklide verringerte sich dadurch gegenüber dem Referenzfall auf einen Drittel der maximalen Dosis des Referenzfalls.

In der Fragestellung wurde auch die Absorption angesprochen. Absorptionsvorgänge führen in vergleichbarer Weise bei der Advektion wie bei der Diffusion dazu, dass die Radionuklide langsamer fortbewegt werden.

* Der hydraulische Gradient beschreibt die Abweichung der Druckverteilung im Grundwasser von der Gleichgewichts-Druckverteilung (hydrostatische Druckverteilung). Wenn ein hydraulischer Gradient vorhanden ist, bewegt sich das Wasser, sofern keine anderen Kräfte dies verhindern.