Die Realisierung eines geologischen Tiefenlagers erfolgt gemäss Sachplan geologische Tiefenlager und Kernenergiegesetzgebung in mehreren Schritten (3 Etappen des Sachplans, Rahmen-, Bau-, und Betriebsbewilligung, Verfügung zum Verschluss). Für jeden Realisierungsschritt gemäss KEG sind Sicherheitsnachweise für die Betriebs- und Langzeitsicherheit gemäss der Richtlinie ENSI-G03 vorzulegen. Dabei richtet sich der Detailierungsgrad der Nachweise an die jeweilige Projektstufe. Die Sicherheitsnachweise sind periodisch gemäss aktuellem Zustand der Anlage und dem Stand von Wissenschaft und Technik zu ergänzen. Die Sicherheitsnachweise sind in einem Sicherheitsbericht zu dokumentieren und werden vom ENSI geprüft.
Weiterhin ist für die sicherheitsrelevanten Arbeiten zu den Phasen Projektierung, Bau, Betrieb, Beobachtung und Verschluss eines geologischen Tiefenlagers ein nach internationalen Standards anerkanntes Qualitätsmanagementprogramm zu erarbeiten, anzuwenden und dessen Umsetzung zu dokumentieren (vgl. Art. 16 & 20 KEG; Art. 25 & 31 KEV). Das Qualitätsmanagementprogramm muss vor der Ausführung der entsprechenden Arbeiten dem ENSI zur Stellungnahme eingereicht werden.
Zentral ist das Verständnis der in einem Tiefenlager ablaufenden Vorgänge. Die Nagra führt deshalb entsprechende Experimente durch. Experimente in einem entsprechenden Felslabor tragen dazu bei, allfällige Hinweise für eine Verbesserung der Lagerauslegung zu erhalten und insbesondere die Belastbarkeit der Sicherheitsanalysen zu erhöhen.
In der Rahmenbewilligung werden von den Bundesbehörden Eignungskriterien festgelegt (Art. 14 KEG, Art 63 KEV). Diese Kriterien beziehen sich auf die Ausdehnung geeigneter Wirtgesteinsbereiche, die hydrogeologischen Verhältnisse am Standort und die die Verweilzeit des Tiefengrundwassers. Bei Nichterfüllung dieser Kriterien wird ein vorgesehener Lagerbereich wegen fehlender Eignung ausgeschlossen.
Nach Erteilung der Rahmenbewilligung werden ein Felslabor bzw. Testbereiche im geologischen Standortgebiet erstellt. Dieses dient einerseits dazu die Eigenschaften des Standorts bzgl. der Eignungskriterien zu überprüfen und andererseits nach Art. 65 KEV in den Testbereichen die sicherheitsrelevanten Eigenschaften des Wirtgesteins zur Erhärtung des Sicherheitsnachweises standortspezifisch vertieft abzuklären.
Zusätzlich sind vor Inbetriebnahme des Tiefenlagers die sicherheitsrelevanten Techniken (Einbringen des Verfüllmaterials, Entfernen des Verfüllmaterials, Techniken zur Rückholung von Abfallgebinden) zu erproben und deren Funktionstüchtigkeit zu dokumentieren. Während des Betriebes des Tiefenlagers ist die Versiegelung von Kavernen und Stollen zu erproben und auch hier ist deren Funktionstüchtigkeit nachzuweisen.
Ein wichtiges Element eines Tiefenlagers ist das Pilotlager. Im Pilotlager Ist nach Art. 66 KEV das Verhalten der Abfälle, der Verfüllung und des Wirtgesteins bis zum Ende der Beobachtungsphase zu überwachen. Das Überwachungsprogramm eines Pilotlagers muss Messungen zur zeitlichen Entwicklung eines Pilotlagers und seines geologischen Umfeldes vorsehen, so dass Aussagen möglich sind über die sicherheitsrelevanten Zustände und Vorgänge in einem Pilotlager und in dessen geologischem Umfeld, über die frühzeitige Erkennung unerwarteter, Entwicklungen und über die Wirksamkeit des Barrierensystems. Bei der Überwachung sind im Hinblick auf den Verschluss Daten zur Erhärtung des Sicherheitsnachweises zu ermitteln. Die daraus gewonnenen Ergebnisse bilden eine Grundlage für den Entscheid über den Verschluss des Tiefenlagers. Die beobachteten Vorgänge und Systeme (z.B. Barrierensystem) müssen dabei gemäss ENSI-G03 auf das Hauptlager übertragbar sein.
Ein weiteres Element zur Einhaltung der Sorgfaltspflicht ist die Kontrolle der Abfallgebinde im Hinblick auf die Einlagerung. Es dürfen nur Abfallgebinde eingelagert werden, bei welchen das chemische und radiologische Inventar mit den Voraussetzungen des Sicherheitsnachweises verträglich ist. Der Eigentümer des Tiefenlagers hat hierzu entsprechende Annahmebedingungen zu erlassen. Die für die Einlagerung erforderlichen Verpackungsverfahren sowie der Nachweis für die Erfüllung der Annahmebedingungen muss dem ENSI zur Überprüfung vorgelegt werden. Eine erstmalige Einlagerung eines Abfallgebindetyps erfolgt erst nach Freigabe durch das ENSI (Richtlinie ENSI-G03). Zusätzlich wird daraufhin gewiesen, dass für jeden radioaktiven Abfall, bevor er produziert wird, eine Bescheinigung für die Zwischenlagerung-, Transport- und Tiefenlagerfähigkeit gemäss Richtlinie ENSI-B05 seitens Nagra ausgearbeitet und vom ENSI die Endlagerfähigkeit geprüft wird.
Nach Art. 37 KEG muss die Rückholung der Abfälle bis zum Verschluss ohne grossen Aufwand möglich sein, die Lagerbehälter sind dementsprechend mechanisch auszulegen. Die Massnahmen zur Sicherstellung der Rückholbarkeit dürfen nach Art. 11 KEV die passiven Barrierensysteme nicht beeinträchtigen.
Stand internationaler Erfahrungen:
Weltweit sind bereits einige geologische Tiefenlager für SMA/LMA seit mehreren Jahrzehnten in Betrieb (u.a. Schweden, Finnland, USA). Projekte für die geologische Tiefenlagerung von HAA sind in Frankreich, Finnland und Schweden weit fortgeschritten (Standortfestlegung), wobei in Finnland die untertägige Charakterisierung (Felslabor) zur Bestätigung der Standorteigenschaften kurz vor dem Abschluss steht. All diese Projekte liefern wichtige wertvolle Informationen und Erfahrungen, die in internationalen Fachgremien, wo auch die Schweiz vertreten ist, diskutiert und ausgetauscht werden.
Fazit
In der Schweizer Gesetzgebung und in den behördlichen Anforderungen sind entsprechende Massnahmen (z.B. Errichtung eines Felslabors, Qualitätsmanagementprogramm, Pilotlager, stufenweise Bewilligungsschritte) vorgesehen, bei denen die Sicherheit bei jedem Realisierungsschritt eines geologischen Tiefenlagers kritisch überprüft wird. Das ENSI verfolgt ferner den internationalen Stand der Arbeiten auf diesem Gebiet und berücksichtigt die dabei gewonnen Erfahrungen. Dies ermöglicht neue Erkenntnisse von Wissenschaft und Technik bei den Vorschlägen der Entsorgungspflichtigen und bei der sicherheitstechnischen Überprüfung der Aufsichtsbehörde bei jedem Realisierungsschritt einzubeziehen.