Erster Behälter mit Glaskokillen aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage im Zentralen Zwischenlager der ZWILAG eingetroffen

Der erste schweizerische Lagerbehälter mit verglasten, hochradioaktiven Abfällen aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague ist am Mittwoch, 12. Dezember 2001 zum Zentralen Zwischenlager in Würenlingen geliefert worden. Der rund 115 Tonnen schwere Behälter enthält 28 Glaskokillen und wurde per Bahn in die Schweiz transportiert. Fachleute der HSK haben den Transport vom Grenzbahnhof bei Basel bis zur Lagerhalle mitverfolgt und kontrolliert.

Der Eisenbahnwagen mit dem Transportbehälter verliess die Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague an der französischen Westküste am Dienstagmorgen, 11. Dezember 2001. In den frühen Morgenstunden des Mittwochs überquerte der Transport- und Lagerbehälter die Grenze bei Basel. Nach dem Grenzübertritt wurden die von der HSK geforderten radiologischen Messungen zur Dosisleistung an der Behälteraussenseite und die Kontrollen auf allfällige Kontaminationen (Verschmutzungen) durch Strahlenschutzbeauftragte des Paul Scherrer Instituts (PSI) vorgenommen. Weitere Messungen erfolgten bei der Umladestation in Würenlingen und beim Eintritt in die Lagerhalle. Die Messungen und Transportmanöver in der Schweiz wurden von Fachleuten der HSK kontrolliert. Die Messwerte für die Dosisleistung lagen unterhalb der gesetzlich festgelegten Grenzwerte. Der Behälter war sauber und wies keine unzulässigen Kontaminationen auf. Die HSK beaufsichtigt auch die eigentliche Einlagerung und Aufbewahrung in den Lagergebäuden der ZWILAG.

Beim Inhalt der Behälter handelt es sich um verglaste hochradioaktive Abfälle aus der Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennelementen aus dem Kernkraftwerk Gösgen. Der Transport- und Lagerbehälter hat die Aufgabe, die radioaktiven Stoffe sicher einzuschliessen. Insbesondere gewährleistet er den Schutz der Glaskörper vor externen Einwirkungen, wie z.B. bei einem Transportunfall, sowie die Abschirmung der Strahlung aus den Glaskörpern.

Hinweis: Weitere Informationen zum Transport von Abfällen aus der Wiederaufarbeitung können dem nachfolgenden Presserohstoff entnommen werden!

Presserohstoff zum ersten Rücktransport von Glaskokillen

Was sind die Glaskokillen?

Bei der Wiederaufarbeitung wird wiederverwendbarer Nuklearbrennstoff (Uran und Plutonium, ca. 96%) aus den abgebrannten Brennelementen abgetrennt. Der Rest ist hochaktiver Abfall, der verglast und in Stahlflaschen gegossen wird (Glaskokillen). Eine Glaskokille ist eine zylindrische Stahlflasche (43 cm im Durchmesser, 1,3 m hoch) und enthält die verglasten hochaktiven Abfälle aus ca. 1,5 Tonnen abgebranntem Brennstoff.

Wieso werden Glaskokillen in die Schweiz eingeführt?

Dem Verursacherprinzip entsprechend ist der Eigentümer von radioaktiven Abfällen für deren Entsorgung verantwortlich. Die Verträge der schweizerischen Kernkraftwerksbetreiber mit den Wiederaufarbeitungsanlagen in Frankreich und England enthalten die Pflicht zur Rücknahme der bei der Wiederaufarbeitung anfallenden radioaktiven Abfälle. In einem Notenwechsel haben die Regierungen von Frankreich bzw. England und der Schweiz dieser Rücknahme der Wiederaufarbeitungsabfälle zugestimmt. Die zurückzunehmenden Abfallsorten sind abschliessend festgelegt worden; die Menge hängt vom zur Wiederaufarbeitung abgegebenen Brennstoff (in Art und Menge) ab. Vorerst werden lediglich verglaste hochaktive Abfälle (Glaskokillen) zurückgeführt.

Wieviele Transporte mit Glaskokillen in die Schweiz werden stattfinden?

Aufgrund der abgeschlossenen Verträge mit den Wiederaufarbeitungsanlagen der COGEMA (Frankreich) und der BNFL (England) sind von den schweizerischen Kernkraftwerksbetreibern insgesamt 728 Glaskokillen zurückzunehmen. In der Regel werden die Transport- und Lagerbehälter mit 28 Kokillen beladen; es werden somit etwa bis zum Jahre 2015 insgesamt 26 Transporte von Glaskokillen in die Schweiz erfolgen. In den kommenden Jahren sind jeweils zwei Transporte pro Jahr vorgesehen.

Welche Bewilligungen, Freigaben und Prüfungen sind für diesen Transport nötig?

Eine der Voraussetzung für die Rücknahme von Glaskokillen ist, dass in der Schweiz ein geeignetes Zwischenlager zur Verfügung steht. Zu diesem Zweck wurde die Lagerhalle des Zentralen Zwischenlagers (ZZL) der ZWILAG erstellt. Basierend auf der bundesrätlichen Bewilligung von August 1996 hat die HSK im Juni 2001 die Freigabe für den Betrieb der Lagerhalle erteilt. Jede Einlagerung eines Transport- und Lagerbehälters mit abgebrannten Brennelementen oder Glaskokillen bedarf zudem einer Freigabe der HSK.

An den Transport-und Lagerbehälter werden Bedingungen gestellt, deren Erfüllung überprüft wird. Die HSK hat dabei geprüft und festgestellt, dass der Behälter die Referenzanforderungen aus ihrem Gutachten für die Zwischenlagerung im Zentralen Zwischenlager (ZZL) erfüllt. Damit der Behälter für den Transport eingesetzt werden kann, muss er über eine gefahrgutrechtliche Zulassung verfügen. Die zuständigen Behörden von Deutschland (Ursprungsland) haben geprüft, dass der Behälter die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt, und die Transport-Zulassung erteilt. Die HSK hat diese Zulassung im Hinblick auf den Einsatz des Behälters in der Schweiz validiert.

Für die Einfuhr und den Transport der Glaskokillen in der Schweiz ist eine atomrechtliche Bewilligung erforderlich, die vom Bundesamt für Energie, u.a. aufgrund einer Stellungnahme der HSK, erteilt wurde. In diesem Zusammenhang hat die HSK geprüft, dass die zurückzunehmenden Glaskokillen der Spezifikation entsprechen, und aufgrund dieser Prüfung der Beladung zugestimmt. Die HSK hat die Beladung des Behälters bei der COGEMA inspiziert und den Rücktransport freigegeben.

Aus wievielen Brennelementen stammen die hochaktiven Abfälle in den zurückgeführten Glaskokillen?

Die 28 zurückgeführten Glaskokillen enthalten die abgetrennten hochaktiven Abfälle von ca. 40 Tonnen abgebranntem Brennstoff aus dem Kernkraftwerk Gösgen. Das sind über 80 Brennelemente. Die Zahl der im Reaktor eingesetzten Brennelemente beträgt 177. Davon werden jährlich ca. 40 ersetzt.

Was bedeutet „hochaktive Abfälle“?

Die hochaktiven Abfälle enthalten aktivitätsmässig die meisten radioaktiven Stoffe, die bei der Spaltung des Urans im Kernreaktor entstanden sind. Eine Glaskokille enthält bis zu 17’000 TeraBequerel Beta/Gamma-Aktivität und 200 TeraBequerel Alpha-Aktivität. Diese hohe Radioaktivität verursacht Wärme (bis zu 1,6 Kilowatt), die abgeführt werden muss. Eine Glaskokille erzeugt auch ein sehr hohes Strahlenfeld; die Dosisleistung an der Oberfläche beträgt bis zu 14’000 Sievert pro Stunde. Die Glaskokillen müssen deshalb abgeschirmt und fernbedient gehandhabt werden.

Wie hoch ist die Strahlenexposition des Bahnpersonals, welches den Transport begleitet?

Die Dosisleistung aus dem Transport- und Lagerbehälter erfüllt die Anforderungen der internationalen Transportvorschriften und die strengeren Anforderungen für die Zwischenlagerung bei der ZWILAG; sie beträgt maximal 0,1 MilliSievert pro Stunde in 2 m Abstand. Die Strahlenexposition der am Transport beteiligten Bahnarbeiter wird von einem Strahlenschutzfachmann des Paul Scherrer Institutes (PSI) erfasst. Solche Messungen werden seit mehr als zwei Jahren anlässlich der Transporte abgebrannter Brennelemente durchgeführt. Die ermittelte Individualdosis liegt unterhalb 0,002 MilliSievert; das ist ein sehr kleiner Wert, liegt doch die mittlere jährliche Strahlenexposition der Schweizer Bevölkerung bei ca. 4 MilliSievert.

Was würde bei einem Flugzeugabsturz auf den Behälter passieren?

Der verwendete Transport- und Lagerbehälter des Castor-Typs ist unfallsicher; er erfüllt die entsprechenden hohen Anforderungen der internationalen Transportvorschriften hinsichtlich Brand und Aufprall. Zudem wurden in Deutschland Beschussversuche auf Behälter dieses Typs durchgeführt. Der Nachweis wurde erbracht, dass der Behälter dabei seine Integrität nicht verliert. Daraus wird geschlossen, dass ein Fluzeugabsturz auf den Behälter während des Transports, was extrem unwahrscheinlich ist, zu keiner gefährdenden Aktivitätsfreisetzung führen würde. Ein Flugzeugabsturz auf die Behälterlagerhalle der ZWILAG mit anschliessendem Brand wurde im Rahmen des Bewilligungsverfahrens untersucht. Es wurde ermittelt, dass die Behälter dabei dicht bleiben und keine Radioaktivität in die Umgebung gelangt.

Der Behälter wird in der Lagerhalle der ZWILAG zwischengelagert. Wird dadurch die Umgebung des Zwischenlagers radioaktiv belastet?

Der Transport- und Lagerbehälter ist mit zwei Deckeln dicht verschlossen. Die Dichtheit wird kontinuierlich überwacht. Aus den gelagerten Behältern erfolgen keine Abgaben radioaktiver Stoffe an die Umwelt. Die Direktstrahlung aus den Behältern wird durch das Lagergebäude derart abgeschirmt, dass die Ortsdosisleistung an der Aussenwand weniger als 0,6 MikroSievert (Tausendstel MilliSievert) pro Stunde beträgt. Dies entspricht den Bestimmungen der Stahlenschutzverordnung. Die Umgebung des Zwischenlagers wird somit durch die eingelagerten Behälter nicht belastet.