Technisches Forum Entsorgungsnachweis

Frage 1: Bohrung Benken als Standortnachweis?

Laut Bericht NAGRA NTB 00-01 (Untersuchungsbericht der Sondierbohrung) bestanden für die Sondierbohrung Benken die folgenden zusammenfassenden Hauptzielsetzungen:

  • Erfassung der Mächtigkeiten, der Schichtlagen sowie lithologischen und mineralogisch/ petrographischen Ausbildung der erbohrten Schichten,
  • Erfassung der Kluft- und Störungssysteme, inkl. räumlicher Orientierung,
  • Erfassung der felsmechanischen Eigenschaften sowie des Spannungsfeldes und der Temperaturverhältnisse im Opalinuston,
  • Erfassung der hydrogeologischen Felseigenschaften,
  • Erfassung der hydrochemischen Verhältnisse,
  • Erfassung der geophysikalischen Daten zur Eichung der 3D-Seismik.

Ist die Interpretation richtig, dass die Bohrung Benken nicht ausdrücklich darauf angelegt war, anhand ihrer Ergebnisse schon den eigentlichen Standortnachweis für ein BE/HAA/LMA-Endlager zu erbringen?

Thema , , , , , Bereich
Eingegangen am 25. Oktober 2003 Fragende Instanz Vertreter des Kantons Thurgau
Status beantwortet
Beantwortet am 23. Dezember 2005 Beantwortet von ,

Beantwortet von ENSI

Diese Frage zum Zweck der Sondierbohrung Benken ist von der Nagra zu beantworten. Die HSK erläutert vorgängig den Begriff „Standortnachweis“.

Zur begrifflichen Klärung:

Die Frage spricht „den eigentlichen Standortnachweis für ein Endlager“ an. Der Begriff „Standortnachweis“ wird in zwei unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Wenn aus dem Zusammenhang nicht klar ist, worüber gesprochen wird, können Missverständnisse entstehen.

1. Im Rahmen des Entsorgungsnachweises ist der „Standortnachweis“ einer der drei Teile des vollständigen Entsorgungsnachweises. Die anderen zwei Teile sind: Der Sicherheitsnachweis und der Nachweis der bautechnischen Machbarkeit.

„Der Standortnachweis muss aufgrund dokumentierter Untersuchungsergebnisse zeigen, dass mit grosser Wahrscheinlichkeit ein genügend grosser Wirtgesteinskörper mit den im Sicherheitsnachweis verwendeten Eigenschaften existiert, sodass die Realisierung eines Endlagers im besagten Standortgebiet mit Aussicht auf Erfolg in Angriff genommen werden könnte.“ (HSK Jahresbericht 2002, S. 65)

Der Standortnachweis ist mit Untersuchungen von der Erdoberfläche aus zu erbringen.

2. Gelegentlich wird im allgemeineren Sinn mit dem „Standortnachweis“ der Vorgang oder das Ergebnis der erdwissenschaftlichen Untersuchung und Überprüfung eines vorgeschlagenen Standortes für ein Tiefenlager angesprochen. Diese Verwendung des Wortes ist in der Bedeutung nicht klar festgelegt und es ist vorzuziehen, in diesem Zusammenhang die allgemeineren Begriffe „Standortcharakterisierung“ und „Bestätigung der Standorteignung“ zu verwenden. Die Standortcharakterisierung ist umfassend und kann sowohl Untersuchungen von der Erdoberfläche aus wie auch Untersuchungen in Untertagebauwerken am Ort einschliessen.

Die Frage wird nachfolgend im Sinne der Verwendung 2 beantwortet.

Beantwortet von Nagra

Sedimentstudie

Seit 1987 erfolgte im Rahmen der Nagra-Sedimentstudie schrittweise eine kriterienbezogene Eingrenzung der in der Schweiz als mögliche Wirtgesteine in Frage kommenden Sedimentgesteine und Untersuchungsgebiete. Die Nagra veröffentlichte 1988, 1991 und 1994 auflagegemäss Berichte über den Fortgang des Verfahrens (NTB 88-25, NTB 91-19, NTB 94-10) und schlug 1994 den Opalinuston als potenzielles Wirtgestein und ein Gebiet im nördlichen Zürcher Weinland als Option erster Priorität für standortbezogene Erkundungen vor.

Projekt Opalinuston

Das Explorationskonzept zur Bereitstellung der geologischen Datengrundlage für einen Standortnachweis im Opalinuston wurde 1994 veröffentlicht und von den Behörden genehmigt; es beruhte auf vier Hauptpfeilern:

  1. Regionale Vergleichsstudien im Opalinuston (2DSeismik, Bohrungen, Tongruben etc.)
  2. 3D-Seismik Weinland (durchgeführt 1997)
  3. Sondierbohrung Benken (durchgeführt 1998/99)
  4. Opalinuston-Untersuchungen im internationalen Felslabor Mont Terri (seit 1996)

Die Sondierbohrung Benken war und ist also ein integriertes Element des erkundungstechnischen Gesamtkonzepts hinsichtlich eines Standortnachweises im Opalinuston.

Dokumentation

  • Nagra Techn. Ber. NTB 88-25: Sedimentstudie Zwischenbericht 1988
  • Nagra Techn. Ber. NTB 91-19: Sedimentstudie Zwischenbericht 1991
  • Nagra Techn. Bericht NTB 94-10: Sedimentstudie Zwischenbericht 1993, Kap. 5 (S. 15): „Weiteres Vorgehen“
  • „Nagra informiert“ Nr. 25, März 1995
  • Nagra Sondiergesuch Bohrung Benken NSG 20, 1994, S. 3-1, Kap. 3, Untersuchungskonzept hinsichtlich Standortnachweis
  • Bewilligung Bundesrat 15.5.1996: Kap. 4.3 „Konzeption der Explorationsstrategie“ (S. 8/9)
  • Nagra Technischer Bericht NTB 96-07: 1996, Arbeitsprogramm Sondierbohrung Benken, Kap. 1.2: „Zielsetzung und Art der vorgesehenen Felduntersuchungen“

Beilage:

Sedimentstudie und Projekt Opalinuston der Nagra: Verfahrensschritte

Tabelle 1-1