KKM: Automatische Reaktorschnellabschaltung vom 2. September 2015 durch Niveau hoch im Scramablassbehälter

Betroffenes Werk / Titel

KKW Mühleberg, Automatische Reaktorschnellabschaltung durch Niveau hoch im Scramablassbehälter

Datum

2. September 2015, 20:41 Uhr

Sachverhalt

Im Rahmen des Testprogrammes zum Wiederanfahren nach der jährlichen Revision führte die Schichtmannschaft des KKW Mühleberg am 2. September 2015 einen manuell ausgelösten Turbinenschnellschluss an einer der beiden Turbinengruppen durch. Dabei wird die Dampfzufuhr zur Turbine unterbrochen. Um die Reaktorleistung an den verminderten Dampfbedarf anzupassen, erfolgte eine automatische Leistungsreduktion durch eine Reduktion der Umwälzpumpendrehzahl (Runback) und ein Einschiessen vorgewählter Steuerstäbe in den Reaktor (Teilscram).

Aufgrund von unpräzisen Testvorschriften kam es beim Wiederhochfahren der getesteten Turbinengruppe nach rund 10 Minuten zu einem raschen Niveauanstieg im Scramablassbehälter. Das Signal Niveau hoch im Scramablassbehälter löste am 2. September 2015 um 20:41 Uhr eine automatische Reaktorschnellabschaltung aus.

Der Scramablassbehälter stellt ein genügendes Volumen für die Aufnahme der bei einer Reaktorschnellabschaltung (SCRAM) anfallenden Wassermenge aus den Steuerstabantrieben zur Verfügung. Sollte das frei bleibende Volumen nicht mehr ausreichend sein, wäre die Bewegung der Steuerstäbe im Falle eines erforderlichen SCRAMs behindert. Mit einer zum Reaktorschutzsystem gehörenden automatischen Überwachung wird sichergestellt, dass die Anlage vorsorglich mit einer Reaktorschnellabschaltung reagiert, wenn mehr als 68 Liter im Scramablassbehälter sind.

Einstufung (nach Richtlinie ENSI-B03)

INES: unterhalb der Skala

Massnahmen des Betreibers

Für die Störungssuche wurden die Anlagedaten mit Fachspezialisten analysiert. Es zeigte sich, dass die Ursache in der falschen Bedienung der Turbine aufgrund unpräziser Testvorschriften lag. Es musste keine Störung behoben werden. In der Folge überprüfte das KKM die Bereitschaft zum Wiederanfahren und nach Zustimmung des ENSI konnte die Anlage am 3. September 2015 wieder mit dem Netz synchronisiert werden.

Als Folgemassnahmen sieht der Betreiber vor, die Testvorschriften zu präzisieren, indem der bereits vorhandenen Verweis für das Auffangen und wieder Hochfahren der Turbinengruppen im „Fahrprogramm zum Wiederanfahren der Anlage nach der Jahresrevision“ ausführlicher formuliert wird. Zudem wird das Ereignis im Rahmen der regulären Ausbildung (Simulatorschulung sowie Spätschichtausbildung) thematisiert.

Massnahmen des ENSI

Die vom KKM getroffenen Massnahmen erachtet das ENSI als ausreichend und erhebt daher keine Forderungen.

Beurteilung durch das ENSI

Die Störung führte zu einer Reaktorschnellabschaltung. Alle sicherheitstechnischen Einrichtungen haben auslegungsgemäss funktioniert und alle Bedingungen der Technischen Spezifikation Mühleberg wurden zu jedem Zeitpunkt eingehalten.

Das Vorkommnis hatte eine geringe Bedeutung für die nukleare Sicherheit.

Kriterien für die Aufschaltung auf der ENSI-Website

– Auslösung von Sicherheitssystemen
– Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt

Das ENSI informiert die Öffentlichkeit in seinem jährlichen Aufsichtsbericht über sämtliche meldepflichtigen Vorkommnisse im Bereich der nuklearen Sicherheit. Über Vorkommnisse, die eines der folgenden Kriterien erfüllen, informiert das ENSI auf der Website laufend:

  • INES-Stufe 1 oder höher
  • Auslösung von Sicherheitssystemen
  • Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt
  • Inkorporation radioaktiver Stoffe mit einer Folgedosis von mehr als 1 mSv

Aktualisierung: 14. April 2016