Die nukleare Sicherheit der schweizerischen Kernanlagen war im Jahr 2006 gewährleistet

Die schweizerischen Kernanlagen waren 2006 in gutem und sicherem Zustand. Sie wurden sicherheitsgerichtet und gemäss den Vorgaben betrieben. Zu diesem Schluss kommt die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) in ihrem Rückblick auf das vergangene Jahr. Die HSK klassierte 9 Vorkommnisse (Vorjahr: 14) in den fünf Kernkraftwerken und keines (Vorjahr: 2) im Paul Scherrer Institut. Der Strahlenschutz war für das Personal und die Bevölkerung jederzeit gewährleistet.

Die HSK gibt mit ihrem Kurzrückblick auf das Jahr 2006 eine erste (noch nicht abschliessende) Beurteilung der nuklearen Sicherheit in den schweizerischen Kernanlagen. Einzelne Detailabklärungen sind bei der HSK zurzeit noch im Gang und können allenfalls später zu Abweichungen führen. Dies würde im Aufsichtsbericht 2006 der HSK berücksichtigt.

Kernanlagen

Die HSK hat sich davon überzeugt, dass 2006 die fünf Kernkraftwerke Beznau (Block 1 und 2), Mühleberg, Gösgen und Leibstadt in einem sicherheitstechnisch guten Zustand waren und ein sicheres Betriebsverhalten aufwiesen. Die Betriebsführung und Organisation in allen Werken entsprachen mit wenigen (nachfolgend erwähnten) Abweichungen den Vorschriften und Regelwerken.

Die HSK klassierte im vergangenen Jahr auf Basis ihrer Richtlinien 9 Vorkommnisse (2005: 14 und 2004: 8) in den Kernkraftwerken (KKW). Auf die einzelnen Werke bezogen sind dies: 2 Vorkommnisse im KKW Beznau (beide im Block 1), 2 im KKW Mühleberg, 3 im KKW Gösgen und 2 im KKW Leibstadt. Im Paul Scherrer Institut (PSI) gab es kein klassiertes Vorkommnis. Alle diese Vorkommnisse wurden auf der internationalen Bewertungsskala INES (Stufen 0 bis 7) der untersten Stufe 0 zugeordnet. Die Sicherheit der Anlagen sowie der Strahlenschutz von Personal und Bevölkerung waren durch die Vorkommnisse nicht beeinträchtigt. Zu erwähnen ist, dass im Jahr 2006 in keinem der KKW eine Reaktorschnellabschaltung zu verzeichnen war – zum ersten Mal seit der Betriebsaufnahme (1969) von Kernkraftwerken in der Schweiz.

Vorkommnisse im Ausland

Bei Unterhaltsarbeiten im Juli 2006 in der 400-kV-Hochspannungsschaltanlage beim schwedischen Kernkraftwerk Forsmark 1 wurde durch menschliche Fehler die Anlage vom Netz getrennt. Dabei traten unerwartet hohe Spannungsspitzen in der Stromversorgung der Anlage auf. Dies führte zum Ausfall von zwei der vier Stränge der Notstromversorgung. Das Vorkommnis, das mit keiner Freisetzung von Radioaktivität verbunden war, wurde von der schwedischen Aufsichtsbehörde SKI auf Stufe 2 der 7-teiligen INES-Skala klassiert.

Das Vorkommnis führte in allen schweizerischen Kernkraftwerken zu umfangreichen Überprüfungen der Strom- und Notstromversorgungssysteme und deren Schutz-einrichtungen. Aufgrund der Ergebnisse der Überprüfungen und Inspektionen erachtet die HSK Massnahmen im technischen Bereich als nicht erforderlich, empfiehlt jedoch, Störfallabläufe mit Teil- oder Totalausfall der Stromversorgung am Simulator verstärkt zu üben. Die HSK wird in einem Bericht die Ergebnisse ihrer Überprüfung Anfang Februar 2007 öffentlich darlegen.

Zwischenlager und Transporte

Ende 2006 standen in der Behälterlagerhalle des Zentralen Zwischenlagers der ZWILAG in Würenlingen 25 Transport- und Lagerbehälter mit abgebrannten Brennelementen oder verglasten hochaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung. Die Lagerbedingungen entsprechen den Vorschriften.

In der Verbrennungs- und Schmelzanlage wurden im Berichtsjahr zwei Testkampagnen mit radioaktiven Abfällen durchgeführt. Es wurden dabei insgesamt 496 Abfallgebinde verarbeitet. Erstmalig übersteigt damit die verarbeitete Menge deutlich die im Kalenderjahr angefallene Abfallmenge aller Schweizer KKW. Dieses positive Ergebnis beruht auf Verbesserungen im Betriebsmanagement und erhöhter Zuverlässigkeit der Anlage.

Seit 1. Juli 2006 ist das zehnjährige Moratorium für die Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennelementen aus schweizerischen Kernkraftwerken in Kraft. Deshalb wurden in der zweiten Jahreshälfte keine Transporte abgebrannter Brennelemente zu den Wiederaufarbeitungsanlagen in Frankreich und Grossbritannien mehr durchgeführt.

Die Transporte abgebrannter Brennelemente sowie die Anlieferungen von hochaktiven Abfällen und abgebrannten Brennelementen zum Zentralen Zwischenlager wurden ordnungsgemäss und ohne radiologische Verunreinigungen durchgeführt.

Radioaktive Abgaben

Die Abgaben von radioaktiven Stoffen an die Umwelt via Abwasser und Abluft aus den Kernkraftwerken, dem PSI und dem Zentralen Zwischenlager lagen im vergangenen Jahr wiederum weit unterhalb der in den Bewilligungen festgelegten Limiten. Sie ergaben – selbst für Personen, welche in unmittelbarer Nachbarschaft der Anlage leben – eine berechnete maximale Dosis von weniger als 1 % der natürlichen jährlichen Strahlenexposition.

Entsorgungsprogramm für radioaktive Abfälle

Der Bundesrat hat am 28. Juni 2006 den Entsorgungsnachweis der Nagra für abgebrannte Brennelemente, verglaste hochaktive Abfälle und langlebige mittelaktive Abfälle gutgeheissen. Damit liegen nun für alle in der Schweiz anfallenden radioaktiven Abfälle die erforderlichen Nachweise für die Entsorgung vor.

Der Bund erstellt den „Sachplan Geologische Tiefenlager“, der das Vorgehen zur Standortsuche für die Tiefenlager für radioaktive Abfälle festlegt. Die HSK hat in der ersten Jahreshälfte 2006 die sicherheitstechnischen Kriterien für die Standortevaluation zuhanden des Sachplans festgelegt und beschrieben.

Die HSK vertrat die Schweiz an der zweiten Überprüfungstagung zum „Gemeinsamen Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle“ (Joint Convention), die im Mai 2006 in Wien stattfand. Der Länderbericht der Schweiz wurde positiv aufgenommen. Insbesondere wurde die gute Vorsorge in Bezug auf die inländischen Zwischenlagerkapazitäten gelobt.

Die HSK wird in ihrem Aufsichtsbericht 2006 ausführlich Stellung zu diesen und weiteren Themen nehmen. Der Bericht wird Ende April 2007 veröffentlicht und zugleich im Internet aufgeschaltet.