Legionellen-Bekämpfung im Kernkraftwerk Leibstadt

Berechtigte Kritik: Die Kommunikation über die Bekämpfung der Legionellen im Kühlwasserturm des Kernkraftwerks Leibstadt war nicht optimal. Diese wird verbessert. Jedoch: Die Massnahmen zur Ausrottung des gefürchteten Erregers der Legionärskrankheit sind erfolgreich verlaufen. Mit Rücksicht auf den Gewässerschutz ist der Einsatz von chemischen Substanzen sehr sorgfältig geplant worden. Die involvierten Stellen des Bundes und des Kantons Aargau haben den Legionellenbefall in der sogenannten Kühlturmtasse des Kernkraftwerks Leibstadt sehr ernst genommen. Bei einer Kontamination in einem Heizkraftwerk in Deutschland waren vor einem Jahr fünf Menschen gestorben.

In Kernkraftanlagen kann es zu Problemen kommen, die unmittelbar nichts mit der Kernkraft zu tun haben. Auch dann wird das ENSI eingeschaltet und übernimmt die Federführung bei der Suche nach der Lösung des Problems.

Am 11. November 2010 wurde im Wasser des Kühlturms des Kernkraftwerks Leibstadt eine besorgniserregende Konzentration an Legionellen festgestellt.

Die Verantwortlichen des Kernkraftwerks informierten umgehend die Behörden des Bundes (Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat, Bundesamt für Gesundheit und Bundesamt für Umwelt) und des Kantons Aargau (Kantonsärztlicher Dienst, Amt für Verbraucherschutz des Departements Gesundheit und Soziales und Abteilung Umwelt des Departements Bau, Verkehr und Umwelt).

Grenzwert überschritten

Im warmen Wasser der Kühlturmtasse war der vom Bundesamt für Gesundheit festgelegte Grenzwert mit 10’000 keimbildenden Einheiten pro Liter Wasser deutlich überschritten worden. Bei Legionellen handelt es sich um einen Erreger, welcher die „Legionärskrankheit“ auslösen kann. Diese unter Umständen lebensgefährliche Infektionskrankheit hat in der Vergangenheit schon mehrfach für Schlagzeilen gesorgt.

Fünf Menschen gestorben

In Deutschland sind im Januar 2010 fünf Menschen im Raum Ulm an den Folgen von Legionelleninfektionen gestorben. Es wurden 64 Personen wegen schweren Lungenentzündungen in Krankenhäusern behandelt. Die Legionellen stammten aus zwei Kühltürmen eines Blockheizkraftwerks zur Kraft- und Wärmenutzung.

Die Legionellenbildung im Kernkraftwerk Leibstadt wurde denn auch als ein sehr ernst zu nehmendes Thema eingestuft. Die Leitung des Kernkraftwerks stellte deshalb einen Antrag für den Einsatz von chemischen Substanzen, sogenannten Bioziden, um die Mikroorganismen im Kühlwasser abzutöten.

  • Ende März 2011 hat das ENSI die Federführung übernommen. Das ganze Verfahren hat über ein halbes Jahr gedauert und es waren Behörden von Bund (BAG, BAFU, ENSI) und Kanton Aargau (Kantonsärztlicher Dienst, Amt für Verbraucherschutz des Departements Gesundheit und Soziales, Abteilung Umwelt des Departements Bau, Verkehr und Umwelt) involviert.
  • Die Aufgabe bestand darin, nach einem umweltverträglichen und vor allem für Mensch und Tier ungefährlichen Weg zu suchen, wie man die Legionellen im Kernkraftwerk Leibstadt eliminieren kann. Dem zu erwarteten Nutzen für den Gesundheitsschutz standen verschiedene Risiken gegenüber, wie beispielsweise die Betriebssicherheit, wenn die physikalisch-chemische Eigenschaft des Kühlwassers verändert wird.
  • Und selbstverständlich war auch die zu erwartende Gewässerbelastung durch das behandelte Abwasser ein zentraler Diskussionspunkt.

Doch der Gesundheitsschutz für die Bevölkerung wurde am stärksten gewichtet. Das Bundesamt für Gesundheit hat es als dringend erachtet, die Legionellenkonzentration so rasch wie möglich drastisch zu vermindern.

Für das Bundesamt für Umwelt war im Vordergrund, dass der Einsatz von grossen Mengen Bioziden ein gewisses Mass an nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt haben könnte. Andererseits ist bei einer Vermehrung der Legionellen mit einer konkreten Bedrohung der Gesundheit von Mitarbeitern des Kernkraftwerks Leibstadt und Anwohnern zu rechnen.

  1. Die Freigabe zum einmaligen Einsatz von Bioziden im Kühlwasser des KKL wurde am 15. Juni 2011 mit strengen Auflagen erteilt.
  2. Am 27. Juni 2011 hat das Kernkraftwerk Leibstadt die Massnahme mit einer Medienmitteilung öffentlich bekannt gemacht.
  3. Die Einspeisung von 14 Tonnen Natriumhypochlorid-Lösung (13-prozentiges „Javelwasser“) in die Kühlturmtasse des KKL erfolgte am 28. Juni 2011.

Während der mehrstündigen Behandlung war das Niveau der Kühlturmtasse (Volumen 25’000 m3) abgesenkt worden. Während dieser Zeit fand also kein Abfluss in den Rhein statt. Anschliessend wurde das Chlor mit Natriumthiosulfat zersetzt und danach mit der kontinuierlichen Abgabe von Kühlturmwasser in den Rhein begonnen.

Die Abflussrate aus dem Kühlkreislauf betrug 620 Kubikmeter die Stunde. Zusätzlich wurden 3’560 Kubikmeter Sauberwasser je Stunde ins Kühlsystem eingespeist.

Am 30. Juni erfolgte planmässig eine zweite Intervention mit dem Biozid Tetrakis(hydroxymethyl)phosphoniumsulfat (THPS), welches in der Folge mit der Zugabe von Wasserstoffperoxid zum weit weniger toxischen Trishydroxymethylphosphine-Oxid (THPO) umgewandelt wurde. Der Erfolg der Massnahme wurde mit dem Leuchtbakterientest nachgewiesen.

Anschliessend wurde die Kühlturmtasse wieder aufgefüllt und deren Inhalt mit einer kontinuierlichen Abflussrate von 410 Kubikmeter pro Stunde an den Rhein abgegeben. Die Zusatzwasserrate in das Kühlwassersystem betrug 3’470 Kubikmeter pro Stunde.

Soweit die Fakten zur erfolgreich durchgeführten Massnahme, an der es nichts zu beanstanden gibt.

Probleme ergaben sich jedoch bei der Kommunikation. Die Internationale Hauptwarnzentrale für den Rhein in Basel sowie weitere wichtige Stellen in Deutschland und in der Schweiz wurden über den geplanten Einsatz von Bioziden im Kernkraftwerk Leibstadt per Fax informiert, aber offensichtlich zu spät.

Das Amt für Umwelt und Energie Basel-Stadt hat als Betreiberin der Internationalen Hauptwarnzentrale am 28. Juni 2011 die Rheinunterlieger über die Reinigungsarbeiten im Kühlturm Leibstadt und der dabei eingesetzten Substanzen informiert.

Die involvierten Stellen bedauern die Schwächen bei der Kommunikation. Mitte September werden wir den ausführlichen Bericht des Kernkraftwerks Leibstadt zum Legionellenbefall und dessen Bekämpfung auf unserer Website der Öffentlichkeit zugänglich machen.