IAEA-Fukushima-Konferenz identifiziert neue internationale Handlungsempfehlungen

Vom 8. bis zum 12. November 2021 fand in Wien die internationale Konferenz zum Thema «Ein Jahrzehnt des Fortschritts nach Fukushima-Daiichi» statt. Die Veranstaltung der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) setzte sich mit den durch den Kernkraftwerksunfall dazugewonnen Erkenntnissen zur weiteren Stärkung der nuklearen Sicherheit auseinander. Vor allem sind aus den Diskussionen an der Konferenz wichtige Empfehlungen, sogenannte «Calls for Actions», entstanden. Diese sollen gemäss IAEA nun von der internationalen Gemeinschaft umgesetzt werden.

«A decade of progress after Fukushima-Daiichi: Building on the lessons learned to further strengthen nuclear safety». So lautete der Titel der kürzlich durchgeführten internationalen Konferenz der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) zum Thema Fukushima. International anerkannte Sicherheitsexpertinnen und -experten zogen an der Konferenz Bilanz über die seit dem Unfall im Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi 2011 vergangenen Jahre.

«Die Konferenz dient als Erinnerung an uns alle, dass ein nuklearer Unfall globale Auswirkungen hat. Wir dürfen daher nie nachlässig werden in unserer Arbeit. Wir müssen immer wieder daran arbeiten, dass wir auch international gemeinsam eine einheitlich hohe Sicherheitskultur leben. Diese soll geprägt sein von der kontinuierlichen Verbesserung der nuklearen Sicherheit, wie in der Wiener Erklärung festgehalten ist,» erklärt ENSI-Direktor Marc Kenzelmann im Nachgang der IAEA-Konferenz.

Wiener Erklärung

Im Februar 2015 hat die internationale Gemeinschaft anlässlich einer Diplomatischen Konferenz in Wien die Wiener Erklärung zur nuklearen Sicherheit (engl. Vienna Declaration on Nuclear Safety) verabschiedet.

Ziel der Erklärung ist, dass neue Kernkraftwerke so gebaut werden, dass im Falle eines Unfalls keine Langzeitmassnahmen des externen Notfallschutzes notwendig werden, und dass bestehende Kernkraftwerke soweit wie möglich an die Sicherheitsniveaus von neuen Kernkraftwerken herangeführt werden. Es ist das einzige internationale Dokument, in dem dieses Sicherheitsziel festgehalten ist.

Mit der Wiener Erklärung haben sich die 77 Vertragsstaaten des Übereinkommens über die nukleare Sicherheit verpflichtet, bei den jeweiligen internationalen Überprüfungstagungen über deren Umsetzung zu berichten.

Die Einberufung der Diplomatischen Konferenz war im April 2014 auf der sechsten Überprüfungstagung zum Übereinkommen über nukleare Sicherheit beschlossen worden, nachdem die Schweiz einen Vorschlag zur Ergänzung der Konvention unter Berücksichtigung der Lehren aus dem Unfall von Fukushima-Daiichi vorgelegt hatte.

Im Zentrum der Konferenz standen einerseits die Entscheidungen und Massnahmen weltweit, die zur Verbesserung der internationalen und nationalen nuklearen Sicherheit beigetragen haben. In diesem Kontext wurden beispielsweise die Reaktion auf einen möglichen nuklearen Notfall sowie der Schutz der Bevölkerung vor Strahlenbelastung behandelt. Andererseits wurden die Möglichkeiten, mit den aktuellen Herausforderungen umzugehen, an der Konferenz ausgelotet. Zum Beispiel wurde der Umgang mit Kommunikationsformaten und die Wichtigkeit der Transparenz besprochen.

Teilnahme des ENSI an zwei Panels

Auch das ENSI nahm an der Konferenz teil und war an zwei Panels vertreten.

Rosa Sardella, Leiterin des Fachbereiches Strahlenschutz beim ENSI, nahm an einem Panel zum Thema «Gewährleistung der Sicherheit kerntechnischer Anlagen» teil. Im Rahmen dieses Panels diskutierte sie unter anderem über Massnahmen zur Sicherstellung der Verhinderung schwerwiegender Freisetzungen von Radioaktivität, fortgeschrittene Reaktortechnologien sowie über die Wichtigkeit der Sicherheitskultur.

Zudem hat Annatina Müller-Germanà, Leiterin der Sektion Internationales im ENSI, an der Diskussion zur Verbesserung der Effektivität internationaler Rechtsinstrumente zur weltweiten Stärkung der nuklearen Sicherheit teilgenommen. Dabei hat sie unter anderem die Frage diskutiert, inwiefern die aktuell vorhandenen Rechtsinstrumente die international angestrebten Ziele zu erreichen vermögen. Sie erläuterte die wichtige Rolle der durch die Schweiz initiierten Wiener Erklärung für die weltweite Stärkung der nuklearen Sicherheit und beschrieb Wege, wie die Effektivität internationaler Konventionen weiter gesteigert werden kann.

Wie das ENSI den Unfall analysiert hat und wie die gewonnenen Erkenntnisse für die Sicherheit der Schweizer Kernkraftwerke genutzt wurden, hat das ENSI unter anderem in seiner Publikationsserie «Zehn Jahre nach Fukushima» aufgezeigt.

«Calls for Actions»

Die IAEA-Konferenz hat der internationalen Gemeinschaft die Möglichkeit gegeben, sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit den Lehren aus dem Unfall in Fukushima-Daiichi auseinander zu setzen. Aus den Diskussionen an der Konferenz sind wichtige «Calls for Actions» entstanden – das sind Handlungsempfehlungen, die nun von der internationalen Gemeinschaft umgesetzt werden sollen.

«Konferenzen wie die IAEA-Fukushima-Konferenz müssen regelmässig durchgeführt werden, um wichtige Aspekte der globalen nuklearen Sicherheit zu diskutieren und die politische Wichtigkeit dafür aufzuzeigen», fasst Marc Kenzelmann die Konferenz zusammen. Laut der Handlungsaufforderung der IAEA soll die internationale Gemeinschaft die Lehren aus Fukushima-Daiichi noch mehr in ihre Arbeit miteinbeziehen und schlussendlich den Wissenstransfer für die Zukunft sicherstellen, wie die IAEA in ihrer Medienmitteilung vom 12. November 2021 mitteilte.