Kernkraftwerke sind gegen Sonnenstürme gewappnet
Derzeit steuert die Sonne wieder auf ein Aktivitätsmaximum zu, wie es alle elf Jahre vorkommt. Der verstärkt auftretende Sonnenwind aus elektrisch geladenen Teilchen kann dabei die Infrastruktur auf der Erde beeinflussen – auch Kernkraftwerke. Doch weil diese Tatsache bekannt ist, sind die Kernkraftwerke in der Schweiz gegen solche Sonnenstürme gewappnet.
Die Sonne spendet der Erde Licht und Wärme. Unaufhörlich pumpt sie Energie in die Tiefen des Alls und ermöglicht so erst das Leben auf der Erde. Nichts scheint die unablässige Energieproduktion beeinflussen zu können. Und doch ist die Sonnenaktivität sich periodisch wiederholenden Schwankungen unterworfen: Alle elf Jahre erreicht die Sonnenaktivität ein Maximum. Dies ist unter anderem an den gehäuft auftretenden Sonnenflecken erkennbar. Dann schleudert die Sonne vermehrt energiereiche, geladene Teilchen, den so genannten Sonnenwind, in den Weltraum. Für das Jahr 2013/14 rechnet die NASA wieder mit einem solchen Aktivitätsmaximum.
Das Leben auf der Erde wird vor den schädlichen Auswirkungen des Sonnenwinds durch das Magnetfeld der Erde geschützt. Der grösste Teil des ständig auf die Erde treffenden Sonnenwinds wird vom Magnetfeld um die Erde herum gelenkt, das sich durch die aufprallenden Teilchen wie ein Ballon im Sonnenwind verformt. Wird der Sonnenwind stärker, kann es zu Wechselwirkungen auf der Erdoberfläche kommen. Lebewesen bemerken vom Sonnenwind nichts. Hingegen können elektronische Geräte und das Stromnetz Schaden nehmen.
Sonne ist derzeit nur wenig aktiv
Die Ankündigung der NASA, dass bald wieder ein Aktivitätsmaximum bevorsteht, sorgte in verschiedenen Zeitungen für fette Schlagzeilen. „20 Minuten“ titelte etwa: „Experten warnen vor dem grossen Chaos.“ Und auch die deutsche „Bild“ fragte besorgt: „Sorgt Riesen-Sonnensturm 2013 für Mega-Chaos auf der Erde?“ Doch auch wenn in zwei Jahren wieder ein Aktivitätsmaximum bevorsteht, dürften die Auswirkungen auf der Erde laut der NASA gering sein.
Den Schätzungen der NASA zufolge ist 2013 kein „Riesen-Sonnensturm“ zu erwarten, sondern ein Aktivitätsmaximum, das sich im Rahmen der bisher beobachteten bewegt. Weil die Sonne im langjährigen Vergleich in den vergangenen Jahren aber aussergewöhnlich schwach aktiv war, erwarten die Experten für 2013 ein auch nur ein schwaches Aktivitätsmaximum. Bei der Zahl der Sonnenflecken zählt die NASA derzeit sogar die kleinste Anzahl seit 80 Jahren.
Die Kernkraftwerke in der Schweiz sind gut geschützt gegen Sonnenstürme. Nicht geschützt sind jedoch zum Beispiel die Trafos bzw. Hochspannungsanlagen im Freien. Bei den Nachrüstungen der Kernkraftwerke Mühleberg und Beznau mit Notstandssystemen wurden im Rahmen des Blitzschutzes zusätzliche Massnahmen getroffen, die den Schutzgrad bezüglich elektromagnetischer Impulse erhöhen. So wurden in allen Aussenwänden der Notstandsgebäude durchgehend verbundene Gitternetze mit einer Maschenweite von 15 Zentimetern eingelegt und mit der Armierung verbunden. Auch wurden externe Verbindungen über Lichtleiter oder über Kupferleiter mit doppelter Abschirmung ausgeführt. Bei den Kernkraftwerken von Gösgen und Leibstadt wurden diese Erkenntnisse bereits beim Bau berücksichtigt.
Längerer Ausfall des Stromnetzes ist eher unwahrscheinlich
Sollte es zu einem Stromausfall kommen, kann ein Kernkraftwerk mittels Schnellabschaltung innerhalb weniger Sekunden abgeschaltet werden. Mit der Schnellabschaltung wird die Kettenreaktion im Reaktor unterbrochen. Aber auch wenn das Kraftwerk abgestellt ist, muss weiterhin überschüssige Wärme aus dem Reaktor abgeführt werden. Dazu braucht es Pumpen, die wiederum Strom benötigen. Käme es zu einem Blackout, stehen bei den Kernkraftwerenk alternative Energiesysteme zur Verfügung, u.a. Dieselgeneratoren. Diese können die Kühlung eines Kernkraftwerks gewährleisten bis das Stromnetz wieder zur Verfügung steht. Ein Ausfall des europäischen Hochspannungsnetzes über längere Zeit ist ein sehr unwahrscheinliches Szenario.
Für das Stromnetz in der Schweiz ist die „Swissgrid“ zuständig. Das ENSI hat deshalb bei „Swissgrid“ nachgefragt, welche Auswirkungen ein Sonnensturm auf das Stromnetz haben könnte. Folgende Antwort haben wir dabei erhalten:
Tatsächlich können Sonnenstürme das Übertragungsnetz gefährden, da diese Gleichströme in das Drehstromnetz induzieren, die dann vor allem Transformatoren in die Sättigung treiben und dauerhaft schädigen können.
Diese Problematik ist in Netzen mit langen Leitungen in Nord-Süd-Richtung und auch in Polnähe gut bekannt, da die elektromagnetische Wirkung dort besonders intensiv ist. In den letzten Jahren wurde über dieses Phänomen gerade in den USA einiges veröffentlicht und auch bei der ENTSO-E wurde begonnen, die möglichen Risiken für das europäische Netz zu untersuchen. Konkrete Erfahrungen gibt es bisher vor allem aus den kanadischen und südafrikanischen Netzen. Diverse Lösungsansätze wurden entwickelt, deren Wirkung wir bei Swissgrid aktiv verfolgen.
Für die Schweiz besteht aus Sicht von Swissgrid zur Zeit kein unmittelbarer Handlungsbedarf, da die Leitungen der Schweiz im Verhältnis relativ kurz und zudem die Auswirkungen aufgrund der relativen Entfernung zum Pol geringer sind. Im Rahmen der regelmässigen Aktualisierung der Netzplanung wird sich Swissgrid in Zukunft mit dieser Thematik verstärkt auseinandersetzen, nicht zuletzt aufgrund der Nord-Südrichtung wichtiger geplanter Leitungen.
Sonnenstürme sind also ein bekanntes Phänomen und die Schweiz ist darauf vorbereitet. Auswirkungen könnte das Aktivitätsmaximum der Sonne im Jahr 2013 auf die Schweiz aber doch haben: Durch die erhöhte Sonnenaktivität könnten die sonst vor allem im Polarkreis sichtbaren Nordlichter auch bis in die Schweiz zu beobachten sein, wie es in früheren Jahren mit verstärkter Sonnenaktivität auch schon der Fall war.