ENSI-Strahlenschutzseminar 2022: Planung des Strahlenschutzes in Kernanlagen

Am 24. November 2022 führte das ENSI das dritte Strahlenschutzseminar in Brugg durch. Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland beleuchteten das Thema «Strahlenschutzplanung und Kompetenzerhalt: Anforderungen, Zusammenhang und Relevanz».

Das ENSI-Strahlenschutzseminar fand am 24. November 2022 zum dritten Mal statt. Das Thema in diesem Jahr: «Strahlenschutzplanung und Kompetenzerhalt: Anforderungen, Zusammenhang und Relevanz». Fachleute trafen sich in Brugg und tauschten sich über die Herausforderungen einer Strahlenschutzplanung in Kernanlagen aus.

Die Strahlenschutzverordnung schreibt in Artikel 4 den so genannten Optimierungsgrundsatz vor: Der Strahlenschutz soll bei Arbeiten in Kernanlagen für alle Expositionssituationen optimiert werden. Beispielsweise muss der Abstand zu einer radioaktiven Quelle so gross wie möglich, die Abschirmung so effektiv wie möglich und die Aufenthaltsdauer in einem Strahlenfeld so kurz wie möglich sein. Das Optimierungsprinzip ist unter dem Begriff ALARA (As Low As Reasonably Achievable) bekannt.

Im Aufsichtsbereich des ENSI sind für Tätigkeiten mit einer abgeschätzten Kollektivdosis von über 50 Pers.‑mSv Strahlenschutzplanungen vorgeschrieben. Bei komplizierten und aufwändigen Arbeiten in einem Strahlenfeld erfordert dies von Strahlenschutztechnikerinnen und -technikern oder auch von Strahlenschutz-Sachverständigen ein hohes Mass an Fachkompetenz und Erfahrung. Das ENSI überprüft, dass der radiologische Arbeitsschutz in den Kernanlagen gesetzeskonform ist und die ENSI-Richtlinien eingehalten werden.

Von Funktionsüberprüfungen über Wartungen einer Anlage bis zum Rückbau: Strahlenschutzplanung ist unerlässlich

Bei der Planung des Strahlenschutzes wird aufgrund einer Analyse des Gefährdungspotenzials und einer Dosisabschätzung für das Personal festgelegt, welche Schutz- und Überwachungsmassnahmen eingesetzt werden, um die Exposition im Strahlenfeld zu begrenzen und zu optimieren. Hierfür wird die sogenannte Strahlenschutzplanung erstellt.

Die Planung des Strahlenschutzes kommt bei vielfältigen Tätigkeiten zum Tragen: etwa bei einer Änderung oder beim Rückbau einer Anlage sowie bei dosisrelevanten Tätigkeiten wie einer Funktionsüberprüfung, einer Reparatur oder einer Wartung. Zur Vorbereitung gehört die Freigabe von Arbeitsplätzen durch den Strahlenschutz vor Ort. Mit Messungen wird dabei geprüft, ob die getroffenen Massnahmen dem radiologischen Zustand gerecht werden. Die Strahlenschutzplanung erfolgt parallel zur Gesamtprojektplanung, da der Strahlenschutz Auswirkungen auf den Ablauf, die verwendeten Materialien, Werkzeuge, Hilfsmittel, Einrichtungen und Anlagen hat.

Die Strahlenschutzplanung beinhaltet unter anderem Folgendes:

  • Organisation der ausführenden Arbeiterinnen und Arbeiter und der Überwachung des Strahlenschutzes,
  • Beschreibung der Tätigkeit, Teilschritte und des Zeitbedarfs,
  • Beschreibung der radiologischen Situation (Ortsdosisleistungen, Oberflächen- und Luftkontaminationen, Mobilität von Aktivitätsinventaren, Nuklidvektoren, etc.),
  • Abschätzung der Strahlendosis bei den dargelegten Teilschritten und der resultierenden Kollektivdosis,
  • Optimierungsmassnahmen,
  • Schutzmassnahmen und -mittel,
  • anfallende Abfälle und deren Entsorgung,
  • Prozess für die Aktualisierung der Planung sowie für die Qualitätssicherung und
  • Kommunikation der Planung, der Optimierungsmassnahmen und der radiologischen Lage an die Werkerinnen und Werker und innerhalb der Strahlenschutzequipe, inklusive Instruktion sowie Pre- und Post-Job-Briefing.

Der Umfang des schriftlichen Dokuments spiegelt die Komplexität der untersuchten Arbeit im Strahlenfeld wider.

Fachreferate von Expertinnen und Experten

Markus Engelke, Strahlenschutz-Sachverständiger am ENSI, erläuterte zur Einführung in das Thema den Zweck, die Vorgaben und die internationalen Empfehlungen zur Strahlenschutzplanung. Daran knüpften mit Fachvorträgen Thomas van Appeldorn, Leiter Strahlenschutz am deutschen Kernkraftwerk Isar, René Hoffmeister, Ressortleiter Strahlenschutz am Kernkraftwerk Leibstadt, und Gabriele Hampel, Team-Leader WANO Paris Centre (World Association of Nuclear Operators), an. Sie legten ihre Erfahrungen dar und stellten Anregungen zur guten Strahlenschutzpraxis vor.

Der Erfahrungsaustausch unter den Teilenehmerinnen und Teilnehmern hat gezeigt: Eine Strahlenschutzplanung zielt auf die Wirksamkeit bei der Überwachung des strahlenexponierten Personals und die Optimierung der Strahlenexposition ab. Die Planung erleichtert die Akzeptanz und die Anwendung von Schutzmassnahmen. Gleichwohl dokumentiert eine ausführlich dargelegte Planung die Analyse der Fachleute, ermöglicht eine fundierte Qualitätssicherung durch Dritte und sichert damit auch den Know-how-Erhalt für zukünftige Arbeiten.