Artikelserie Tschernobyl: Die Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt wird neu geregelt

Ankunftsstrasse in der Nähe von Tschernobyl. Nach dem Unfall schuf das Parlament die Grundlage, um gewisse Personengruppen und Unternehmungen verpflichten zu können, die für die Bewältigung der Krise wichtig sind (Quelle: chnpp.gov.ua)
Ankunftsstrasse in der Nähe von Tschernobyl. Nach dem Unfall schuf das Parlament die Grundlage, um gewisse Personengruppen und Unternehmungen verpflichten zu können, die für die Bewältigung der Krise wichtig sind (Quelle: chnpp.gov.ua)

Als Folge der Katastrophe von Tschernobyl sind Konzepte und Mittel der Notfallschutzplanung überprüft und verbessert worden. Die rechtlichen Grundlagen wurden auf den neuesten Stand gebracht. Das Bundesamt für Gesundheit BAG sorgt seither für eine permanente Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt. Neu wurde auch die Pflicht von Personen und Unternehmungen festgelegt.

Seit 1956 sorgte die Eidgenössische Kommission zur Überwachung der Radioaktivität KUeR für die Überwachung der Umwelt. Anfänglich stand die Überwachung der durch die Kernwaffenversuche verursachten Radioaktivität im Vordergrund. Aufgrund der Inbetriebnahme der ersten Kernkraftwerke in der Schweiz um 1970 und der zunehmenden Anwendung künstlich erzeugter radioaktiver Isotope in Forschung, Medizin und Industrie wurde die Kommission auf die Überwachung der Umgebung dieser Anlagen ausgedehnt. Sie hatte eine Labororganisation zur Verfügung.

Videointerview zu den institutionellen Änderungen in der Schweiz (Untertitel auf Deutsch)

Bernard Michaud, ehemaliger Vizedirektor des Bundesamts für Gesundheit, hat die Detektion der radioaktiven Wolke als Leiter der Sektion Strahlenschutz erlebt. Er kommentiert in diesem Video die institutionellen Änderungen in der Schweiz nach dem Unfall.


Im Zusammenhang mit dem Ereignis in Tschernobyl und im Rahmen der Überarbeitung der Alarmorganisation hat sich deutlich gezeigt, dass es sich bei der Überwachung der Umwelt um eine Daueraufgabe handelt. In diesem Sinne hat das Parlament das Strahlenschutzgesetz erlassen und der Bundesrat die Strahlenschutzverordnung revidiert. Er legte dabei fest, dass das BAG für die permanente Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt zuständig ist und die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen HSK bzw. heute das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI zusätzlich die Umgebung der Kernanlagen überwacht.

Pflicht für Personen und Unternehmungen

Neu schuf das Parlament zudem die Grundlage, um gewisse Personengruppen und Unternehmungen verpflichten zu können, die für die Bewältigung der Krise wichtig sind. Bisher war die gesetzliche Grundlage für die Verpflichtung beispielsweise von Beamten zur Dienstleistung bei erhöhtem Risiko nicht vorhanden.

Nach Tschernobyl wurde die Umweltüberwachung der Radioaktivität dem Bundesamt für Gesundheit übertragen. Es misst heute immer noch Cäsium-137 aus Tschernobyl in Wildschweinen im Tessin (Quelle: G. Ferreri, BAG).
Nach Tschernobyl wurde die Umweltüberwachung der Radioaktivität dem Bundesamt für Gesundheit übertragen.Es misst heute immer noch Cäsium-137 aus Tschernobyl in Wildschweinen im Tessin (Quelle: G. Ferreri, BAG).

Diese Pflicht wurde im Strahlenschutzgesetz aufgenommen. Mit dieser Anpassung konnten neben einem kleinen Teil der Armee- und Zivilschutzangehörigen weitere Personenkategorien und Unternehmungen einbezogen werden. Betroffen sind unter anderem die Feuerwehr, Personen und Unternehmungen des öffentlichen und privaten Verkehrs, Zollorgane und Personal im Bereich der medizinischen Versorgung.

Diese Personen können nur zu Aufgaben verpflichtet werden, die sie auch normalerweise im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit ausüben. Demnach dürfen Personen, die nicht speziell dafür ausgebildet sind, nicht für die Schadensbekämpfung in einer beschädigten Kernanlage oder deren unmittelbaren Umgebung eingesetzt werden. Dabei muss sichergestellt sein, dass die Grenzwerte für die effektive Strahlendosis, wie sie in der Strahlenschutzverordnung festgelegt ist, nicht überschritten werden.

Das ist der zehnte von sechzehn Teilen zur Geschichte des Unfalls Tschernobyl.