Unfall in japanischem Kernkraftwerk (Stand 13.3.2011 15:55)

In Folge des schweren Erdbebens vor der japanischen Küste vom Freitag kam es im japanischen Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi zu einem schweren Unfall. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI hat seine Notfallorganisation aufgeboten und analysiert die Lage laufend. Für die Schweizer Bevölkerung besteht keine Gefahr.

Vom Erdbeben im Nordosten Japans sind drei Kernkraftwerks-Standorte mit insgesamt 13 Reaktorblöcken ernsthaft betroffen: Fukushima-Daiichi, Fukushima-Daini und Onagawa. Alle Reaktoren wurden aufgrund des Erdbebens automatisch abgeschaltet oder sie befanden sich bereits vorher in der Revisionsabstellung. Die grössten Schäden entstanden in Fukushima-Daini und insbesondere in Fukushima-Daiichi. Die Angaben über die Situation sind nach wie vor lückenhaft. Das ENSI stützt sich auf seine internationalen Informationskanäle sowie Angaben der japanischen Betreiber und Sicherheitsbehörden.

Fukushima-Daiichi und Fukushima-Daini

Die Situation hat sich gegenüber gestern nicht verbessert. In Fukushima-Daiichi sind der Reaktor und das Reaktorgebäude von Block 1 beschädigt. Beim Block 3 ist der Reaktorkern infolge Überhitzung ebenfalls beschädigt. In Block 2 wird der Reaktor gekühlt, jedoch ist die Kühlung nicht stabil. Der Sicherheitsbehälter (Containment), der den Reaktordruckbehälter umschliesst, ist gemäss japanischen Angaben bei allen drei Blöcken nach wie vor intakt. In Block 1 und 3 wird boriertes Meerwasser ins Containment eingespeist. Mit dieser Flutung des Containments soll die Wärme vom Reaktordruckbehälter abgeführt werden.

In Fukushima-Daini ist die Situation im Moment stabiler, aber auch hier gibt es Probleme mit der Kühlung der Reaktoren. Bei mehreren Reaktorblöcken an den beiden Standorten Fukushima wurde das Containment kontrolliert druckentlastet.

Die Nachzerfallswärme, die auch bei einem abgestellten Reaktor bedingt, dass er weiterhin gekühlt werden muss, sinkt aus physikalischen Gründen stetig. Sie dürfte im Moment auf einen Siebtel der Wärmeleistung unmittelbar nach dem Abschalten abgeklungen sein und entspricht noch weniger als 1% der vollen Reaktorleistung. Trotzdem muss die Wärme weiterhin abgeführt werden, um eine Überhitzung und Schädigung des Reaktors zu vermeiden.

Die Angaben der Betreibergesellschaft und aus anderen Berichten über die Strahlenbelastung in der Anlagenumgebung von Fukushima-Daiichi sind konsistent. Nach Angaben der Betreibergesellschaft sind die Dosisleistungswerte in der Anlagenumgebung von Fukushima-Daiichi nach einem Maximum von etwa 1 Millisievert pro Stunde am Samstagnachmittag (MEZ) stetig gesunken. Die Messungen von Sonntagmorgen (MEZ) zeigen jedoch einen erneuten Anstieg. Damit würde eine sich am Ort aufhaltende Person innert etwa zwei Stunden den zugelassenen Dosisgrenzwert von 1 Millisievert für die Bevölkerung erreichen. Der Anstieg der Dosisleistung ist mit der Druckentlastung aus dem Containment von Block 3 zu erklären. Die vorsorglich getroffenen Evakuierungsmassnahmen für die Bevölkerung und die günstige Wetterlage, welche die freigesetzten Stoffe aufs offene Meer treibt, sorgen dafür, dass keine unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung zu erwarten ist. Die Hauptwindrichtung wird in den nächsten Stunden so bleiben.

Weiteren Meldungen zufolge gab es mehrere Verletzte bei der Betriebsmannschaft der Kernanlage. Zwei Personen gelten als vermisst.

Abschätzungen des ENSI

Konkrete Rückschlüsse auf den Betrieb der schweizerischen Kernkraftwerke lassen sich im Moment nicht ziehen. Das ENSI wird jedoch die Situation in Japan im Detail analysieren und daraus Lehren ziehen. Bereits mit der 2007 publizierten, weltweit anerkannten „Pegasos“-Studie wurde die Erdbebengefährdung in der Schweiz nach dem fortschrittlichsten Stand der Wissenschaft neu bestimmt. Das ENSI hat daraufhin neue verschärfte Erdbebengefährdungsannahmen festgelegt, denen die Kernkraftwerke standhalten müssen. Eine weitere Aufdatierung der Erdbebengefährdung wurde 2009 – wiederum unter Mitwirkung internationaler Experten – begonnen.

In der Schweiz sind schwere Erdbeben sehr viel seltener als in Japan. Ein Erdbeben der Magnitude 9, wie es am Freitag Japan traf, kann für die Schweiz praktisch ausgeschlossen werden. Das bekannteste Erdbeben in der Schweizer Geschichte trat 1356 in Basel auf und war rund hundertmal schwächer.