Unfall in japanischem Kernkraftwerk (Stand 13.3.2011 18:30)

In Folge des schweren Erdbebens vor der japanischen Küste vom Freitag kam es im japanischen Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi zu einem schweren Unfall. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI hat seine Notfallorganisation aufgeboten und analysiert die Lage laufend. Für die Schweizer Bevölkerung besteht keine Gefahr.

Vom Erdbeben im Nordosten Japans sind drei Kernkraftwerks-Standorte mit insgesamt 13 Reaktorblöcken ernsthaft betroffen: Fukushima-Daiichi, Fukushima-Daini und Onagawa. Alle Reaktoren wurden aufgrund des Erdbebens automatisch abgeschaltet oder sie befanden sich bereits vorher in der Revisionsabstellung. Die grössten Schäden entstanden in Fukushima-Daiichi. Die Angaben über die Situation sind immer noch lückenhaft. Das ENSI stützt sich auf seine internationalen Informationskanäle sowie Angaben der japanischen Betreiber und Sicherheitsbehörden.

Fukushima-Daiichi

Der Reaktor und das Reaktorgebäude von Block 1 sind beschädigt. In Block 3 ist der Reaktor ebenfalls infolge Überhitzung beschädigt. Berichten zufolge kann nicht ausgeschlossen werden, dass es wie in Block 1 zu einer Wasserstoffexplosion im Reaktorgebäude kommen wird. In Block 2 wird der Reaktor mittels einer mobilen Einrichtung gekühlt. Der Sicherheitsbehälter (Containment), der den Reaktordruckbehälter umschliesst, ist gemäss japanischen Angaben bei allen drei Blöcken intakt geblieben. In Block 1 und 3 wird boriertes Meerwasser in den Reaktordruckbehälter oder ins Containment eingespeist, um Wärme abzuführen. In diesen beiden Blöcken wurde das Containment druckentlastet, d.h. Überdruck wurde kontrolliert und gefiltert ins Freie abgelassen.

Im Moment ist nicht gesichert, wie die Reaktoren 1 und 3 von Fukushima-Daiichi gekühlt werden. Es gibt aber Hinweise, dass Meerwasser mittels mobiler Pumpen in die Reaktordruckbehälter eingespeist wird, um die Brennelemente zu kühlen. Eine weniger gute Variante wäre die Flutung des Containments. Hier würden nicht die Brennelemente selbst, sondern der Reaktordruckbehälter, der die Brennelemente umschliesst, von aussen gekühlt. Unter der Voraussetzung, dass das Wasser um den Reaktordruckbehälter zirkulieren kann, könnte auch diese indirekte Kühlung ausreichen, um weitere Schäden zu verhindern.

Onagawa

In der Nacht zum Sonntag ist ein leichter Anstieg der Ortsdosisleistung am Standort des rund 240 km nördlich von Fukushima gelegenen Kernkraftwerks Onagawa gemessenen worden. Das ENSI interpretiert dies nach eigenen Berechnungen als Durchzug der radioaktiven Wolke nach der Druckentlastung im Block 1 des Kernkraftwerks Fukushima-Daiichi-1, der am späten Samstagnachmittag erfolgte. Diese Einschätzung ist im Einklang mit Aussagen der japanischen Nuklearaufsicht.

Abschätzungen des ENSI

Gemäss konservativen Ausbreitungsrechnungen des ENSI bestünde selbst im schlimmsten anzunehmenden Fall für die Freisetzung von grossen Mengen an Radioaktivität keine Gefahr für die Bevölkerung der Schweiz.

Konkrete Rückschlüsse auf den Betrieb der schweizerischen Kernkraftwerke lassen sich aus dem Unfall im Moment nicht ziehen. Das ENSI wird jedoch die Situation in Japan im Detail analysieren und Lehren daraus ziehen. Bereits mit der 2007 publizierten, weltweit anerkannten „Pegasos“-Studie wurde die Erdbebengefährdung in der Schweiz nach dem fortschrittlichsten Stand der Wissenschaft neu bestimmt. Das ENSI hat daraufhin verschärfte Erdbebengefährdungsannahmen festgelegt, denen die Kernkraftwerke standhalten müssen. Verschiedene Ertüchtigungen in den Bereichen Bautechnik und Notstromversorgung wurden seither umgesetzt. Da alle schweizerischen Kernkraftwerke über autarke, gebunkerte Notstandssysteme verfügen, weisen sie weltweit gesehen einen sehr hohen Schutzgrad gegen externe Ereignisse wie Erdbeben auf.

In der Schweiz sind schwere Erdbeben sehr viel seltener als in Japan. Ein Erdbeben der Magnitude 9, wie es am Freitag Japan traf, kann für die Schweiz praktisch ausgeschlossen werden. Das bekannteste Erdbeben in der Schweizer Geschichte trat 1356 in Basel auf und war rund hundertmal schwächer.