Anne Eckhardt: „Die Aufsicht stärken – auch von innen“

Der ENSI-Rat engagiert sich für ein starkes, leistungsfähiges, unabhängiges und offen kommunizierendes Nuklearsicherheitsinspektorat. Er hat deshalb die Organisationsstruktur des ENSI vereinfacht und auf diese Leitidee ausgerichtet. Die neue Organisationsstruktur trat am 1. September 2011 in Kraft.

Die Sicherheit der schweizerischen Kernanlagen wird von Menschen gemacht. Von Menschen, die forschen, handeln, überprüfen. Vor allem aber auch von Menschen, die Sicherheit in ihren alltäglichen Arbeitsabläufen – insbesondere in den Kernkraftwerken – leben. In der Zusammenarbeit und durch kritische Diskussionen entwickelt sich Sicherheit laufend weiter. So wurden in den letzten Jahren die schweizerischen Kernanlagen sicherheitstechnisch  laufend weiter ertüchtigt.

Der Sicherheitsbehörde ENSI kommt beim Erhalt und bei der Verbesserung der Sicherheit der Schweizer Nuklearanlagen als Anwältin der Öffentlichkeit eine wichtige Rolle zu. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, muss sich auch die Aufsichtsbehörde ständig weiterentwickeln und ihre Organisation den sich verändernden Bedürfnissen anpassen.

Bereits 2000 gab es politische Überlegungen, die Unabhängigkeit der Sicherheitsbehörde, damals noch der Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK), zu stärken. Zu dieser Zeit war die HSK Teil des Bundesamts für Energie. 2006 beantragte der Bundesrat dem Parlament, die HSK als öffentlich-rechtliche Anstalt zu verselbständigen. 2009 nahm das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat seine Tätigkeit auf. Seither wird die Aufsichtsbehörde des Bundes für die nukleare Sicherheit und Sicherung der schweizerischen Kernanlagen durch den ENSI-Rat überwacht. Der ENSI-Rat rapportiert direkt dem Bundesrat.

Bald nach Beginn seiner Tätigkeit hat der ENSI-Rat eine Analyse der Führung und Organisation des ENSI in Auftrag gegeben. Er befasste sich mit der Kommunikationsstrategie des ENSI und veranlasste erste Massnahmen, um die Kommunikation des ENSI zu verstärken. Im folgenden Jahr wählte der ENSI-Rat Hans Wanner als Nachfolger von Ulrich Schmocker zum neuen Direktor des ENSI. Bis 2011 bestimmte er mit Felix Altorfer (Entsorgung) und Rosa Sardella (Systeme) auch zwei neue Geschäftsleitungsmitglieder.

2010 beauftragte der ENSI-Rat die Geschäftsleitung mit einem Projekt zur Optimierung der Führung und Organisation. Ziel des Projekts war es, das ENSI konsequent auf seine neue Funktion als öffentlich-rechtliche Anstalt und auf seine künftigen Herausforderungen auszurichten. Dazu gehörte unter anderem die Entwicklung einer neuen Organisationsstruktur. Geschäftsleitung und Mitarbeitende des ENSI haben dieses Vorhaben in den sehr anforderungsreichen letzten Monaten engagiert und wirksam weitergeführt.

Der ENSI-Rat versteht das ENSI als lernende Organisation. In den vergangenen vier Jahren hat er beim ENSI viele überzeugende, oft beeindruckende Erfahrungen mit der Fach- und Führungskompetenz, mit dem Engagement der Geschäftsleitung und der Mitarbeitenden sowie mit der Organisation der Aufsicht gemacht.  Gleichzeitig ist er der Überzeugung, dass sich das ENSI weiterhin und speziell auch nach den Erfahrungen mit Fukushima selbst hinterfragen muss: Tun wir das Richtige richtig? Sind wir auf dem rechten Weg? Im ENSI läuft daher gegenwärtig ein breit angelegtes Projekt zum Kulturwandel an. Denn Stärke bedeutet nicht nur, „Muskeln spielen zu lassen“, sondern auch und vor allem, die innere Stärke weiter zu entwickeln.

Der Unfall in Fukushima hat die Aufgaben und die Rolle des ENSI verändert. Die Rahmenbewilligungsgesuche für neue Kernkraftwerke wurden sistiert. Die Analyse des Unfalls in Japan und seiner Hintergründe nahm erhebliche Ressourcen in Anspruch. Die Zielsetzungen, die der ENSI-Rat bei der Optimierung von Führung und Organisation des ENSI verfolgte, haben sich in dieser Zeit weitgehend bestätigt. Das gilt auch für die neue Organisation: Die Bereiche Kernkraftwerke, Entsorgung und Systeme sind nun klar auf die zentralen Aufgaben des ENSI ausgerichtet. Dadurch werden Effektivität und Effizienz der Aufsicht unterstützt. Von aussen wird transparenter, wer die wichtigsten Ansprechpartner für Fragen, welche die Sicherheit bestimmter Kernanlagen und der Entsorgung betreffen, sind. Mit dem Bereich Systeme wird die Bedeutung von Forschung und internationalem Austausch gestärkt. Innerhalb des ENSI kommt diesem Bereich auch eine Querdenkerfunktion zu.

Eine wichtige Rolle misst der ENSI-Rat dem Dialog mit wichtigen Anspruchsgruppen und der breiten Öffentlichkeit bei. Daher wurde unter anderem die Unternehmenskommunikation weiter verstärkt. Mit einer völlig überarbeiteten Internetpräsenz signalisiert das ENSI, dass es für die Bevölkerung eine vertrauenswürdige Anlaufstelle für Informationen aus erster Hand sein will.

Der ENSI-Rat schätzt den Austausch mit kritischen Stimmen, wie er ihn in den letzten Monaten beispielsweise mit der Mahnwache vor dem ENSI-Gebäude oder Vertretern einzelner Parteien und kernenergiekritischer Organisationen erlebt hat. Denn wir sind uns bewusst, dass es Menschen sind, welche die Verantwortung für die Sicherheit der schweizerischen Kernanlagen tragen. Der kritische Dialog bringt uns weiter und hält die Aufmerksamkeit und die Sensibilität für eine effektive Sicherheitskultur wach.

 

Dr. Anne Eckhardt
Präsidentin ENSI-Rat