EU-Stresstest: Schweizer Zwischenbericht eingereicht
Das ENSI hat am 15. September der EU-Kommission den Zwischenbericht zum EU-Stresstest der Schweizer Kernkraftwerke eingereicht. Die Arbeiten für den Endbericht kommen in der Schweiz planmässig voran.
Das ENSI hat die von den Betreibern fristgerecht bis am 15. August eingereichten Zwischenberichte zum EU-Stresstest geprüft. Fazit: Die Vorgaben an die Inhalte wurden von den Betreibern berücksichtigt. Es sind keine Hindernisse für eine fristgerechte Ausarbeitung der definitiven Texte für den EU-Stresstest erkennbar.
Bis 31. Oktober 2011 müssen die Schweizer KKW-Betreiber ihre Endberichte fertigstellen. Diese werden vom ENSI geprüft und zum Länderbericht Schweiz verarbeitet, welcher bis Ende Jahr der EU-Kommission einzureichen ist.
Folgen von Naturereignissen Ziel des EU-Stresstests ist zu prüfen, ob es auch in einem europäischen Kernkraftwerk zu einem vergleichbaren Ereignisablauf wie beim Unfall in Fukushima in Japan kommen könnte. Laut den Spezifikationen des EU-Stresstests soll Folgendes analysiert werden:
- Ausgehend von den Erkenntnissen aus Fukushima konzentriert sich der Test auf die Auswirkungen, die extreme Erdbeben und Überflutungen auf die Sicherheit eines Kernkraftwerks haben können. Der Test soll zeigen, welche Sicherheitsreserven die Kernkraftwerke über ihre Auslegung hinaus haben, um solch extremen Naturereignissen widerstehen zu können.
- Weiter wird unabhängig vom auslösenden Ereignis bewertet, welche Folgen ein weitreichender und lang anhaltender Stromausfall, ein Verlust der Kühlwasserversorgung oder beide Ausfälle zugleich nach sich ziehen.
- Ebenso ist die Wirksamkeit der Notfallschutzmassnahmen zu bewerten, wenn es zu einem mehrfachen Ausfall von Sicherheitsfunktionen und Rückhaltebarrieren für radioaktive Stoffe kommt. Erschwerende Randbedingungen für die Durchführung der Notfallschutzmassnahmen, wie etwa die Zerstörung der Infrastruktur um das Kernkraftwerk, müssen in Betracht gezogen werden.
„Sicherer Anlagezustand“ In der ersten, jetzt abgeschlossenen Phase der Arbeiten im Rahmen des EU-Stresstests ging es darum, die Analysemethode und das Vorgehen festzulegen. Insbesondere waren die Betreiber aufgefordert, den für ihre Anlage geltenden „sicheren Anlagezustand“ („safe shutdown state“) zu definieren. Das ENSI stellt fest, dass die Definitionen aller Betreiber konform zum schweizerischen Regelwerk ist und die Einhaltung der Schutzziele
- Kontrolle der Reaktivität,
- Kühlung der Kernmaterialien und
- Einschluss der radioaktiven Stoffe
gemäss der Verordnung SR 732.112.2 gewährleisten.
Einbezug früherer Studien im Bereich Naturereignisse In wichtigen Bereichen des EU-Stresstest können die Betreiber auf Arbeiten und Studienzurückgreifen, die bereits im Rahmen anderer Schweizer Verfahren gemacht wurden. Diese umfassen z.B. die probabilistischen Sicherheitsanalysen (PSA), sowie die periodischen Sicherheitsüberprüfungen, aber auch die Studien, die bei der Erstellung der Rahmenbewilligungsgesuche für neue Kraftwerke in der Schweiz verfasst wurden.
Um die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse der Erdbebenforschung zu berücksichtigen, verlangte die HSK (heute ENSI) von den Kernkraftwerksbetreibern, die Erdbebengefährdung in der Schweiz neu zu bestimmen. Das entsprechende Projekt PEGASOS (Probabilistische Erdbebengefährdungsanalyse für die KKW-Standorte in der Schweiz) wurde unter enger Begleitung durch das ENSI durchgeführt. Die Ergebnisse wurden 2007 publiziert.
Im Jahr 2008 wurde das „PEGASOS Refinement Project“ (PRP) gestartet. Dieses Projekt berücksichtigt die seit dem Abschluss von PEGASOS neu vorliegenden Erkenntnisse aus der Erdbebenforschung und die detaillierten Untersuchungen zu den Standorteigenschaften. Das PRP wird voraussichtlich bis Ende 2012 dauern.
Die Ergebnisse des PRP werden erst nach der Einreichungsfrist für den EU-Stresstest verfügbar sein. Sie werden aber bei der Bewertung der seismischen Gefährdungsannahmen qualitativ berücksichtigt.
Für das Extremhochwasser liegen für alle Werke neue Studien vor: aufgrund der geplanten Neubauten an den Standorten der Kraftwerke Beznau (KKB), Gösgen (KKG) und Mühleberg (KKM) sind standortspezifische Analysen durchgeführt worden. Basierend auf diesen neuen Studien wurden aktualisierte Gefährdungsannahmen von allen Betreibern für den Nachweis der Hochwassersicherheit bis zum 30. Juni 2011 erstellt und vom ENSI geprüft.
Ergänzende Betrachtungen Die Vorgaben für den Stresstest der europäischen Gruppe der Regulierungsbehörden für nukleare Sicherheit (ENSREG) verlangen nicht nur zahlenmässige Angaben zur Erdbebenfestigkeit und Hochwassersicherheit der Kraftwerksanlagen, sondern auch ergänzende Betrachtungen, z.B. über Schwachstellen und deren Verbesserungsmöglichkeiten. Die erforderlichen Abklärungen und Bewertungen sind nach Angaben der Betreiber ebenfalls weitgehend erarbeitet.