1 Jahr vor der Abschaltung des KKM: Das ENSI begleitet die Vorbereitungen und ist gut gerüstet
Heute in einem Jahr wird das Kernkraftwerk Mühleberg abgeschaltet. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI begleitet seit dem Stilllegungsentscheid durch die BKW 2013 die Vorbereitungen und wird den Rückbau bis im Jahr 2031 beaufsichtigen. Die Aufsichtsbehörde ist dazu gut gerüstet.
Das Kernkraftwerk Mühleberg geht am 20. Dezember 2019 endgültig vom Netz. Am 21. Juni 2018 hat das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK die Stilllegung verfügt. «Damit beginnt die erste Stilllegung eines kommerziellen Kernkraftwerks in der Schweiz», sagt Georg Schwarz, stellvertretender ENSI-Direktor und Leiter des Aufsichtsbereichs Kernkraftwerke. «Die Stilllegung und der Rückbau eines Kernkraftwerks ist aber kein Novum in Europa und wir sind gut darauf vorbereitet», betont er.
2012/13 arbeitete die Aufsichtsbehörde die neue Richtlinie ENSI-G17 für die Stilllegung von Kernkraftwerke aus und setzte diese im April 2014 in Kraft. In dieser Richtlinie sind in Verbindung mit der Kernenergie- und Strahlenschutzgesetzgebung der Schweiz sowie den anderen gültigen Richtlinien des ENSI alle Sicherheitsstandards und -empfehlungen internationaler Organisationen berücksichtigt. Das ENSI arbeitet aktiv mit in internationalen Organisationen und Kommissionen zur Stilllegung von Kernkraftwerken.
Stilllegungssektion geschaffen
Zudem baut das ENSI sein Wissen bezüglich Stilllegung und Rückbau seit einiger Zeit kontinuierlich aus. So werden Erfahrungen aus europäischen Ländern mit Stilllegungsprojekten, beispielsweise aus Deutschland und Schweden, in direktem Kontakt mit externen Fachexperten und bei konkreten Besichtigungen von Rückbauprojekten vor Ort ausgetauscht. Das ENSI verfügt seit August 2012 über eine Sektion, die sich eigens mit Fragen der Stilllegung befasst.
Es bestehen zahlreiche Kontakte zu verschiedenen europäischen Aufsichtsbehörden, um das Regelwerk und die Aufsichtskonzepte beim Rückbau zu diskutieren. Auf dieser Basis hat das ENSI 2014 ein eigenes Aufsichtskonzept für die Stilllegung eines Kernkraftwerkes erarbeitet. Zudem hat das ENSI bei verschiedenen Rückbauprojekten von Forschungsreaktoren in der Schweiz Erfahrungen sammeln können, die hinsichtlich Regelungsbedarf und Aufsichtsschwerpunkten vergleichbar sind. „Dadurch ist das ENSI in der Lage, auch die Stilllegung und den Rückbau des Kernkraftwerks Mühleberg kompetent zu beaufsichtigen“, erklärt Georg Schwarz.
ENSI begleitet Vorbereitungen eng
Das ENSI begleitet die Vorbereitungen zur Stilllegung bereits seit dem Entscheid der Betreiberin, der BKW, im Jahr 2013, das Kernkraftwerk Mühleberg Ende 2019 ausser Betrieb zu nehmen und stillzulegen. Auch im letzten Betriebsjahr des Kernkraftwerks Mühleberg gehen die Vorbereitungen weiter. So wird das ENSI verschiedene Freigabeanträge der BKW prüfen und darüber entscheiden. Diese betreffen die Etablierung des Technischen Nachbetriebs und verschiedene Vorbereitungsmassnahmen, die dem Rückbau der Anlage dienen.
Sicher bis zum letzten Betriebstag
Parallel dazu beaufsichtigt das ENSI weiterhin den Leistungsbetrieb. „Das KKM muss bis zum letzten Tag sicher betrieben werden und die Anforderungen des Gesetzgebers erfüllen“, betont Georg Schwarz. Trotz des Stilllegungsentscheids 2013 musste das Kernkraftwerk zudem für die verbleibenden Betriebsjahre verschiedene Nachrüstungen vornehmen, um die Sicherheit weiter zu verbessern.
Dazu zählte ein ausgedehntes Prüfprogramm für den Kernmantel, um die Entwicklung der Risse zu verfolgen. Zudem legte das ENSI zwei technische Kriterien für die Risse festgelegt, die nicht überschritten werden dürfen. Weiter musste eine zusätzliche, erdbebenfeste und überflutungssichere, von der Aare unabhängige Kühlwasserversorgung realisiert werden. Das ENSI verlangte zudem den Bau eines erdbebenfesten und überflutungssicheren Brennelementbecken-Kühlsystems.
Die Phasen der Stilllegung
Den eigentlichen Stilllegungsphasen vorangestellt sind die sogenannten « Vorbereitenden Massnahmen ». Sie umfassen die Demontage der grossen Einzelkomponenten im Maschinenhaus und die Einrichtung von Behandlungseinrichtungen und bezwecken die Voraussetzungen für den zeitverzugslosen Beginn der sicheren und effizienten Stilllegung der Anlage zu schaffen.
Die eigentliche Stilllegung beginnt nach der « Endgültige Ausserbetriebnahme » der Anlage. Zu diesem Zeitpunkt ist die « Etablierung Technischer Nachbetrieb » abgeschlossen. Die Anlage ist ordentlich ausser Betrieb gesetzt. Sämtliche Brennelemente wurden vom Reaktor ins Brennelementbecken transferiert.
Die erste Stilllegungsphase umfasst unter anderem die Demontage der aktivierten Einbauten aus dem Reaktordruckbehälter sowie des wassergefüllten Teils des Primärcontainments, dem sogenannten Torus.
Während der Stilllegungsphase 1 müssen alle vier grundlegenden nuklearen Schutzziele sichergestellt bleiben, wobei die Kühlung der Brennelemente nur noch im Brennelementbecken erfolgt. Das Gefährdungspotenzial der Anlage ist in dieser Phase bereits deutlich geringer als im Leistungsbetrieb. Die Brennelemente werden in mehreren, zeitlich gestaffelten Transportkampagnen von der Anlage verbracht. Mit jeder durchgeführten Transportkampagne sinkt das Gefährdungspotenzial am Standort weiter. Mit erreichter Kernbrennstofffreiheit entfallen die Schutzziele Kontrolle der Reaktivität sowie Kühlung der Brennelemente. Dies bildet den Abschluss der Stilllegungsphase 1.
In der zweiten Stilllegungsphase erfolgen grossflächig die Demontage und die Zerlegung aller Einrichtungen in der kontrollierten Zone mit Hilfe unterschiedlicher thermischer und mechanischer Zerlegeverfahren sowie die Dekontamination und Behandlung von Materialien. Insbesondere wird in der Stilllegungsphase 2 der Reaktordruckbehälter zerlegt und ins ZWILAG überführt. Weitere zentrale Arbeiten in dieser Phase sind die Durchführung radiologischer Messungen der Materialien und Gebäudestrukturen zur Überprüfung und Beweissicherung ihrer radiologischen Unbedenklichkeit für Mensch und Umwelt sowie die Entsorgung radioaktiver und konventioneller Abfälle. Gegen Ende der zweiten Stilllegungsphase werden die Einrichtungen zur Materialbehandlung aufgelöst und ebenfalls demontiert. Die Phase gilt mit erfolgter Freimessung der Gebäude und dem Abschluss der beweissichernden Messungen auf dem Areal als beendet.
Während der Stilllegungsphase 2 sind die beiden Schutzziele Einschluss radioaktiver Stoffe sowie Begrenzung der Strahlenexposition sicherzustellen. Das während der Stilllegungsphase 2 noch in der Anlage befindliche Aktivitätsinventar wird hauptsächlich durch fest in die Struktur eingebundene aktivierte Materialien, kontaminierte Einrichtungen sowie auf der Anlage befindliche radioaktive Abfälle bestimmt.
Die dritte Stilllegungsphase ist durch die Feststellung, dass das KKM keine radiologische Gefahrenquelle mehr darstellt, geprägt. In dieser Phase werden ein Abschlussbericht eingereicht und die Verfahren geführt, damit die Aufsichtsbehörde den ordnungsgemässen Abschluss der Arbeiten unter der beantragten Stilllegungsverfügung feststellen kann. In der Stilllegungsphase 3 sind alle radiologischen Gefahrenquellen aus der Anlage entfernt. Die Freimessung und die Aufhebung der kontrollierten Zonen sind erfolgt. Somit sind in der Stilllegungsphase 3 keine grundlegenden Schutzziele zur Gewährleistung der nuklearen Sicherheit sicherzustellen.
(Dieser Artikel wurde am 21.12.2018 aktualisiert.)